Ein Gespräch mit Andrea Staudenherz

Andrea Staudenherz ist seit Anfang 2015 das – „nomen est omen” – Herz des Vereins „Hope for the Future“ (HFTF), der sich für eine selbstbestimmte Zukunft von Menschen einsetzt, welche in den unterschiedlichsten Bereichen von Unterdrückung betroffen sind: Menschenhandel, Bettelei, Arbeitsausbeutung und – last but not least – Zwangsprostitution.

ANDREA STAUDENHERZ IM KURZPORTRAIT

Andrea Staudenherz wirkt ruhig und spricht unaufgeregt über die brisanten Themen, die sie täglich beschäftigen.  Als Wasserspringerin ist sie zwar nicht mehr aktiv in dieser olympischen Disziplin tätig, weiß aber wohl, wie es sich anfühlt, mitunter ins kalte Wasser zu springen.  Im echten Leben fallen diese Sprünge für die Betroffenen nicht immer kunstvoll aus.

Andrea, in Wien geboren und aufgewachsen, trägt das Herz nicht nur auf der Zunge, wenn es darum geht, Ungerechtigkeiten aufzuzeigen und dagegen aktiv etwas zu unternehmen, sondern sie hat es auch „am rechten Fleck“, „das goldene Wienerherz“.   

Nach Abschluss ihrer Schulbildung hat Andrea in unterschiedlichen Branchen Berufserfahrung gesammelt und kam zunächst ehrenamtlich mit „Herzwerk“,  einer diakonischen Initiative, in Kontakt.  Aus den vielfältigen Erfahrungen in dieser Zeit reifte ihr Entschluss, „Hope for the Future“ zu gründen, um Menschen beim Ausstieg aus ihrem bisherigen Curriculum und beim Einstieg in ein „neues Leben“ Unterstützung zu bieten. 

Knapp vor dem Eintritt in ihr 5. Lebensjahrzehnt beschloss Andrea Staudenherz gemeinsam mit einigen anderen Gleichgesinnten den Verein „Hope for the Future“ zu gründen. 

WIE ALLES BEGANN 

Ende Jänner 2015 wurde die rechtliche Basis für den Verein „Hope for the Future“ geschaffen. Andrea Staudenherz und drei weitere Gleichgesinnte nahmen die Herausforderungen der Aufbauarbeit an. Nach dem „kick-off“ wurden die Voraussetzungen für die ersten Workshops geschaffen und 2016 konnte damit begonnen werden, Klientinnen und Klienten bei den ersten Schritten ins neue Leben Unterstützung zu bieten.  

Zunächst waren die Arbeitsräume in einer Wohnung  untergebracht, doch nach und nach konnten die Möglichkeiten verbessert und Seminar- und Arbeitsräume angemietet werden.  Auch die Zahl der Mitarbeiter wurde auf sechs Personen erhöht, wobei vier Mitarbeiterinnen Teilzeit und zwei geringfügig beschäftigt sind. 

Im Sommer 2018 wurde dem Verein die Spendenabsetzbarkeit zuerkannt und HFTF in die Liste der spendenbegünstigten Einrichtungen aufgenommen.

Viel Einfühlungs- und Fingerspitzengefühl ist vonnöten, um Klientinnen und Klienten begleiten zu können. Es ist auch nahezu unmöglich, Erfolgsgeschichten an den großen Nagel zu hängen, steht doch speziell im Fall von Zwangsprostitution Anonymität und Schutz der Betroffenen an vorderster Stelle.    Eine höchst erfreuliche Bilanz konnte im Jahr 2019,  in der vor-pandemischen Zeit also, gezogen werden. Sechs Menschen  hatten mit Hilfe der Unterstützung von HFTF einen Arbeitsplatz gefunden. 

HFTF IN PANDEMISCHEN ZEITEN

Jede Organisation, egal ob sie sich noch in Expansion befindet oder nicht, wird durch die seit mehr als einem Jahr andauernde Pandemie hart getroffen. Hierbei ist auch „Hope for the Future“ keine Ausnahme. 

Die ohnehin schwierige Finanzierung des Vereins durch Verkauf der Näharbeiten oder Spendengelder ist eingebrochen. Andrea Staudenherz nimmt sich kein Blatt vor den Mund, wenn sie zwar Verständnis dafür aufbringt, dass der Kauf selbstgenähter Taschen derzeit nicht prioritär ist, aber auch klar sieht, dass die Aufrechterhaltung des Vereins ohne Einnahmen endlich ist.  

Die Fixkosten des Vereins sind ohne Einnahmen auf Dauer nicht finanzierbar, die geplanten Verkaufsstände bei Events können durch online Angebote nicht ersetzt werden.  Auch „Homeparties“, bei denen Andrea Staudenherz zunächst über die Arbeit von HFTF spricht und dann die im Workshop hergestellten Produkte zum Kauf anbietet, sind nicht möglich.   Das gilt in gleichen Maß für geplante Benefizkonzerte und / oder  alle andern Veranstaltungen. Eine Mitarbeiterin musste mittlerweile leider gekündigt werden. 

HFTF – EIN AUSBLICK 

Der Name ist Programm: „HOPE FOR THE FUTURE“!   Sobald sich die derzeitige angespannte Lage wieder normalisiert haben wird, könnte die Verwirklichung neuer Projekte wahr werden. Zunächst wird in der Nähwerkstatt wieder Leben einkehren, die Deutschkurse können wieder in vollem Umfang aufgenommen werden und die Umsetzung des Pilotprojekts Arbeitsintegration kann realisiert werden. Hierbei sollen Klientinnen und Klienten in einem realen Umfeld strukturierte Tagesabläufe und auch sonstige erforderliche Arbeitsschritte kennenlernen.  

Die Umsetzung eines geplanten „social business“ kann Form annehmen: sei es durch größere Aufträge von Unternehmen für die Nähwerkstatt oder durch die Schaffung eines geeigneten gastronomischen Zweigs. Andrea Staudenherz hat viele Pläne und es ist ihr Wunsch, in drei bis fünf Jahren selbsterhaltende Projekte umgesetzt zu haben.