Feeding: Gefüttert bis zur Abhängigkeit

Stell dir vor, dein:e Partner:in bestimmt, was du isst. Jeden einzelnen Tag bekommst du  mehr und mehr Essen vorgesetzt  – bis du dich irgendwann kaum noch bewegen kannst. Und du machst mit. Aus Liebe, aus Lust, aus Einsamkeit, aus dem Wunsch, endlich begehrt zu werden. Genau so lässt sich der Alltag in der sogenannten Feeding-Szene beschreiben, in der gezielte Gewichtszunahme einen sexuellen Reiz erzeugt –  sowohl bei den Feedern („Fütterern“) als auch bei den Feedees („Gefütterten“). 

Eine aktuelle Y-Kollektiv-Reportage deckt nicht nur die gesundheitlichen Risiken dieser sexuellen Neigung auf, sondern zeigt auch auf, wie sich die vermeintliche Liebe schnell in eine gefährliche Abhängigkeit verwandeln kann. Besonders beunruhigend: Das Vorgehen kann in manchen Fällen stark der altbekannten Loverboy-Masche ähneln. 

Beim Feeding dreht sich alles ums Zunehmen – und ums Kontrollieren. Eine Person, der sogenannte Feeder (in der Regel ein Mann), übernimmt das volle Kommando: Er entscheidet, was gegessen wird, wie viel – und wann. Der Feedee (in der Regel eine Frau) folgt. Isst. Schluckt. Immer mehr. Bis zur totalen Erschöpfung. In besonders extremen Fällen („Funnel-Feeding“) greifen Feeder sogar zu Hilfsmitteln wie Schläuchen oder Trichtern, um ihre Partnerin zu „füttern“, wenn diese selbst nicht mehr essen kann oder will.

Im Rahmen der Y-Kollektiv-Reportage trifft Reporterin Carolin von der Groeben selbst auf einen Feeder – und begleitet ihn bei einem Treffen mit seinem Feedee. Die beiden haben sich in einem Hotelzimmer verabredet: für Essen und Sex. 

Bevor es so weit ist, gehen der Feeder und die Reporterin gemeinsam einkaufen – und die Liste ist lang. Der Einkaufskorb füllt sich nach und nach mit kalorienreichen Lebensmitteln: Schokolade, Kekse, Kuchen. Alles dreht sich um die Zufuhr von möglichst vielen Kalorien. Auch bei McDonald’s wird Halt gemacht für einen „Big Rösti“, einen Schoko-Milchshake, zwei Chickenburger und reichlich Mayonnaise. Alles soll vom Feedee innerhalb kürzester Zeit verspeist werden: im Rahmen des Vorspiels, aber auch während des Geschlechtsaktes selbst. 

Für die meisten ist das Feeding ein Machtspiel. Der Feeder – selbst meist schlank oder normalgewichtig – begehrt einen immer dicker werdenden Körper. Je mehr Kilos, desto besser. Nicht selten ist das Ziel ein Gewicht, das in den Bereich krankhafter Fettleibigkeit (Adipositas) fällt. Einige Feedees fantasieren sogar davon, so viel zuzunehmen, dass sie sich irgendwann nicht mehr selbstständig bewegen können. Und ihre Feeder „unterstützen” sie aktiv auf diesem Weg in die Immobilität.

Das Erregende daran? Die Vorstellung, diesen Zustand selbst herbeigeführt zu haben. Neben sexueller Erregung gilt die Gewichtszunahme zudem auch als Beweis für Hingabe, Liebe und Gehorsam. Der Feedee wird zum Fetischobjekt, der die Kontrolle über den eigenen Körper komplett an den Feeder abgibt.

Einige Fachleute stufen Feeding als Paraphilie ein, also als “Störung der Sexualpräferenz, verbunden mit dranghaften sexuellen Bedürfnissen oder Fantasien, die von einer bestimmten Gesellschaft als nicht normal angesehen werden”. 

Medizinisch gesehen ist Feeding hochgefährlich. Immerhin kann Fettleibigkeit unter anderem zu ernsthaften Folgeerkrankungen führen wie beispielsweise Magen- und Darmproblemen, Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und Gelenkproblemen. In besonders extremen Fällen kann es – wie bereits erwähnt – zu Mobilitätseinschränkungen oder gar Bettlägerigkeit kommen. Der Feedee kann dann zum Pflegefall werden und ist dadurch noch stärker auf seinen Feeder angewiesen – sowohl psychisch als auch physisch. Doch genau das wird in der Szene oft verdrängt – oder sogar bewusst in Kauf genommen. 

Ein weiteres Problem ist die Frage, wie freiwillig diese Art von Beziehung wirklich sein kann. Natürlich – auf den ersten Blick wirkt alles einvernehmlich. Dennoch handelt es sich um eine ungleiche Dynamik, wenn nur eine Seite am Ende die gesundheitlichen Schäden davonträgt und die andere nicht. 

Ja, es gibt Feedees, die sagen: Ich will das so. Sie nehmen die Risiken bewusst in Kauf. Doch seien wir ehrlich, nur weil jemand zustimmt, sich selbst zu schaden, heißt das noch lange nicht, dass es moralisch vertretbar ist, dieses Verhalten zu fördern. Vor allem dann, wenn die gesundheitlichen Schäden irreversibel sein können. Mit Liebe hat das wenig zu tun. 

Besonders prikär: Feeding-Beziehungen können in manchen Fällen stark der altbekannten Loverboy-Masche ähneln (über die wir hier bereits in der Vergangenheit berichteten) . 

Zur Erinnerung: Die sogenannte Loverboy-Methode beschreibt eine Vorgehensweise, bei der meist junge Männer gezielt das Bedürfnis nach Nähe, Anerkennung und Liebe ausnutzen, um Mädchen und Frauen in eine emotionale Abhängigkeit zu treiben. Die Männer geben sich zunächst als liebevolle Partner aus, überhäufen die Frauen mit Aufmerksamkeit und versprechen eine gemeinsame Zukunft. Ist das Vertrauen erst einmal hergestellt, beginnt die schrittweise Ausbeutung – emotional, sexuell und finanziell. Letztlich werden die Betroffenen zur Prostitution gezwungen, die Einnahmen behält der Loverboy für sich.   

Bei Veronika, einem ehemaligen Feedee, lief es ähnlich ab. Sie erzählt dem Y-Kolletiv, dass sie in ihrem Leben aufgrund ihres Übergewichts nie echte Liebe erfahren habe – bis sie auf einen Mann traf, der ihr endlich die Zuneigung gab nach der sie sich so lange sehnte. Doch der Preis war hoch. Er brachte sie dazu, Videos und Fotos von sich aufzunehmen, in denen sie sich beim Essen filmte, sich den Bauch rieb, sich bückte etc. – Inhalte, die in der Feeding-Szene besonders gefragt sind. Die Aufnahmen waren nicht explizit pornografisch, was für Veronika zunächst die Hemmschwelle senkte, mitzumachen. Doch bald wurde deutlich: Die Kontrolle lag nicht bei ihr. Er blieb die ganze Zeit lang anonym, sie nicht. Sie nahm zu, er nicht. Die Hälfte des verdienten Geldes musste sie an ihn abgeben. 

Doch Veronika ist nicht die Einzige. Drei Frauen berichten unabhängig voneinander, von demselben Mann zu Aufnahmen gedrängt worden zu sein. Alle hatten das Gefühl, durch ihre Sehnsucht nach Nähe und Bestätigung in eine Abhängigkeit geraten zu sein, die sie körperlich und seelisch gezeichnet hat. Bei Veronika sind die Spuren noch sichtbar auch lange nachdem sie sich aus der Szene gelöst hat.

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