Die Prostitutionsgesetze der Bundesländer im Vergleich

Die österreichische Gesetzgebung soll Rahmenbedingungen schaffen, in denen Sexarbeiterinnen ihren Beruf „sicher“ ausüben können. Wir haben alles durchforstet, vom  Sittenpolizeigesetz in Vorarlberg bis zum oberösterreichischen Sexualdienstleistungsgesetz, und Gemeinsamkeiten und Unterschiede gefunden. Welche das sind, erfahrt ihr in diesem Artikel.

PROSTITUTION IST LEGAL

Bei Prostitution handelt es sich um eine besonders prekäre Form der Arbeit. Dennoch ist der Sexkauf in Österreich innerhalb eines gewissen Gesetzesrahmen legal.

Ein Sexkaufverbot wie in Schweden stand bisher nicht ernsthaft zur Debatte, da sich das österreichische Expertengremium zum Thema Prostitution, welches 2009 ins Leben gerufen wurde, vehement dagegen ausspricht.

Das Bundeskanzleramt schreibt zum Thema Prostitution folgendes: „Angesichts der bestehenden besonderen Risiken dieses Arbeitsfeldes ist es wichtig – neben allen sonstigen Bemühungen – auch alternative Erwerbsmöglichkeiten zu schaffen, die einen existenzsichernden Berufswechsel jederzeit ermöglichen.“ Dies ist fern von jeder Realität – die meisten Sexarbeiterinnen in Österreich geraten unfreiwillig in ein Bordell und finden leider keine in Frage kommende Ausstiegsmöglichkeit.

BUNDES- UND LANDESKOMPETENZEN

Prostitution ist in unserem Land also legal, aber reglementiert. Was erlaubt ist und was nicht, fällt sowohl in die bundes-, als auch in die landesgesetzliche Ebene. Das heißt, es gibt gewisse länderübergreifende Gesetze, aber reichlich Spielraum für die Bundesländer.

In ganz Österreich werden Sexdienstleisterinnen als Selbstständige betrachtet und die steuerlichen Regelungen fallen unter die Bundeskompetenzen. Außerdem sind sie per Gesetz dazu verpflichtet, sich alle 6 Wochen einer Untersuchung auf Geschlechtskrankheiten zu unterziehen. Für jeden dieser Arztbesuche kommt ein Stempel in das Gesundheitsbuch, in den Kreisen auch „Deckel“ genannt. Auch ein Werbeverbot für „Unsafe-Sex-Praktiken“ gilt überall.

Die Bundesländer entscheiden über das „Wer“, „Wann“ und „Wo“. In manchen Bundesländern reicht die Volljährigkeit, um ein Bordell zu eröffnen, in anderen muss man älter sein (zum Beispiel 24 Jahre in Vorarlberg). Fast überall müssen BordellbesitzerInnen in spe ein aufwändiges Bewilligungsverfahren durchlaufen, nur im Burgenland und in Niederösterreich reicht eine Anzeige des geplanten Betriebes. Wohnungsprostitution ist in allen Bundesländern verboten, Hausbesuche in manchen unter Umständen zulässig. Auch das Schutzalter, also das nötige Mindestalter einer Sexarbeiterin und einem Kunden variiert.

Im nächsten Abschnitt sehen wir uns die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen Bundesländer im Detail an.

WIEN IST ANDERS – AUCH BEI PROSTITUTION

WIEN

Tatsächlich ist in der Bundeshauptstadt die Straßenprostitution grundsätzlich zulässig. In Wohngebieten, in Haltestellenbereichen öffentlicher Verkehrsmittel, in der Nähe von Friedhöfen und Kleingärten ist sie aber nicht gestattet. Auch dann, wenn sich AnrainerInnen belästigt fühlen, kann eine zeitliche und örtliche Beschränkung beantragt werden. Das Mindestalter für den „Konsum“ und der Ausübung von Prostitution beträgt in Wien 18 Jahre.

SALZBURG

Salzburg hat im Prostitutionsgesetz 2009 erlassen, dass offenkundig schwangere Personen keine Sexarbeit verrichten dürfen. Eine Eröffnung eines Bordells wird nicht bewilligt, wenn sich im Umkreis von 300 Metern eine oder mehrere der folgenden Einrichtungen befinden: Schulen, Kindergärten, Kinderspielplätze, Sportanlagen, Kirchen, Amtsgebäude, Kasernen und Krankenhäuser. Mit der Ausnahme von Wien und Tirol sehen alle Länder solche Schutzobjekte vor. Im Land Salzburg ist der Bordellinhaber dafür verantwortlich, dass die Personen, die dort arbeiten, sich an die gesetzlichen Bestimmungen halten, zum Beispiel ihre Steuern zahlen. Hausbesuche sind in Salzburg verboten.

BURGENLAND

Wie in Salzburg darf sich ein Bordell nicht im unmittelbaren Umkreis von Schulen, Kindergärten etc. befinden. Außerdem muss jede Person, die Sexdienstleistungen anbietet, bei der Gemeinde registriert sein. Hausbesuche zwar erlaubt, aber nur wenn keine Kinder oder Jugendliche in dem betreffenden Haushalt leben. Auch in Pflege- und Altersheimen dürfen keine Prostituierten empfangen werden.

NIEDERÖSTERREICH

Das niederösterreichische Prostitutionsgesetz ist dem von Salzburg sehr ähnlich und Hausbesuche sind unter ähnlichen Umständen wie im Burgenland erlaubt.

OBERÖSTERREICH

Das Besondere in Oberösterreich ist, dass sich das Prostitutionsgesetz ganz fortschrittlich „Sexualdienstleistungsgesetz“ nennt, es gibt außerdem einen eigenen Abschnitt, in welchem die Auflagen für Peep Shows erläutert werden.

KÄRNTEN

Hier dürfen nur österreichische StaatsbürgerInnen beziehungsweise Personen, die österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind, ein Bordell führen.

STEIERMARK

In Graz gibt es 29 genehmigte Bordelle, im Bezirk Liezen hingegen nur ein einziges, doch auch sogenannte „behördlich bewilligte bordellähnliche Einrichtungen“ sind zulässig für das Anbieten von sexuellen Dienstleistungen. Besonders ist, dass in der Steiermark nur Personen, die ihr 19. Lebensjahr vollendet haben, Prostitution ausüben oder anbahnen dürfen. Das steirische Prostitutionsgesetz stammt im Übrigen aus dem Jahr 1997 und wurde seither nicht wesentlich überarbeitet. In der Steiermark sind Hausbesuche grundsätzlich erlaubt, vorausgesetzt es leben keine Minderjährige in der Unterkunft. Die Wohnungsprostitution, welche auch in der Steiermark illegal ist, hat laut Polizei während der Covid-19-Pandemie massiv zugenommen.

TIROL

In Tirol ist Prostitution außerhalb von Bordellen verboten, das heißt auch Hausbesuche sind nicht erlaubt.

VORARLBERG

Einst, in den Siebzigerjahren hatte das Land ein blühendes Rotlichtmilieu, das von Rivalitäten zwischen Zuhältern geprägt war. Es gab brutale Revierkämpfe, sogar Tötungsdelikte wurden verübt. Doch das Blatt hat sich gewendet, heute ist Vorarlberg das Land mit den strengsten Prostitutionsgesetzen. Das Prostitutionsgesetz ist in das „Sittenpolizeigesetz“ integriert und die Bezeichnung des Abschnitts lautet „Gewerbsmäßige Unzucht“. Obwohl Prostitution nicht verboten ist, gibt es kein einziges Bordell in Vorarlberg. Das liegt daran, dass die Bewilligungen von den Gemeinden erteilt werden müssen – und diese immer Gründe finden, warum eine Eröffnung unzulässig sein mag. Dafür strömen die Vorarlberger Freier nach Au, einem Ort in der Schweiz, der direkt an der Grenze liegt. In dem 4000 Einwohner Städtchen gibt es zwei Tankstellen und fünf Bordelle.

EINHEITLICHE GESETZE FÜR BESSERE KONTROLLE

Die österreichischen Prostitutionsgesetze sollen die Sexarbeiterinnen vor Ausbeutung schützen, doch sie haben zu schwache Auswirkungen. Die Task Force Menschenhandel pocht darauf, dass die gesamte Regelung der Prostitution Bundeskompetenz werden soll. Die häufigste Form von Menschenhandel ist in Österreich jene der sexuellen Ausbeutung. Die Tatsache, dass alle neun Bundesländer andere Gesetze haben, führe zu einem uneinheitlichen Vollzug, was die „Lenkung und Kontrolle des Marktes erschwert“. Es brauche einheitliche, rechtlich sichere Arbeitsbedingungen für Sexualdienstleisterinnen.

Derzeit wird zumindest die Einrichtung einer spezifischen unabhängigen Ombudsstelle diskutiert, bei der (auch anonym) bundesweit Missstände gemeldet werden können, insbesondere von den Sexarbeiterinnen selbst.

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