Zwei Euro Lohn für 150 Pakete am Tag – vom Weihnachtsalltag unserer Paketzusteller:innen

Er sorgte dafür, dass unsere Bestellungen bei uns ankommen: Paketzusteller Herr G. aus Ungarn. Er erzählt von seinem schwierigem Arbeitsalltag und seinem Kampf gegen die Logistik-Firma, die sein Gehalt nicht zahlen will. Die meisten Zusteller:innen haben wie er selbst Migrationshintergrund oder sind gar Flüchtlinge, die sich nicht über die schwierigen Zustände beschweren – weil sie froh sind, überhaupt Arbeit zu haben.

Bestimmt hast du es auch schon einmal erlebt: Du erwartest sehnlichst ein Paket, aber anstatt zu klingeln, bringt die Zustellerin oder der Zusteller dein Paket zum nächstgelegenen Handyshop. Du ärgerst dich, denn du warst ja zuhause und musst deine Bestellung jetzt unnötig abholen. Liegt es an der Faulheit der Paketzusteller:innen, dass sie nicht klingeln?

Eine neue ORF-Reportage hat sich den Alltag von ZustellerInnen genauer angeschaut. Herr G. stammt aus Ungarn und erzählt von seinem anstrengenden 13-Stunden-Tag. Je mehr Pakete man pro Tag ausliefern kann, desto mehr Pakete bekommt man mit auf dem Weg. Einen höheren Lohn erhält man deswegen nicht. Etwa 150 Pakete hat der junge Mann täglich geschafft.

Wie viele Zusteller:innen war er nur befristet über eine Subfirma angestellt. Herr G. bekam für 10 Tage Arbeit gerade mal 195 Euro, den Rest weigert sich die Firma nun zu zahlen. Die Arbeiterrechtsexpertin der Arbeiterkammer Jasmin Haindl weiß, dass das kein Einzelfall ist. Die Subfirmen können sich viel erlauben, denn die meisten, die als Lieferant:innen unterwegs sind, haben geringe Deutschkenntnisse und kennen ihre Rechte gar nicht. Selbst wenn, dann führt die eingeschränkte Auswahl an Jobs dazu, dass sie unfaire Arbeitsverhältnisse eher in Kauf nehmen. Sie sind froh über jedes Einkommen und haben Angst, ihre Arbeit zu verlieren, wenn sie Forderungen stellen.

Aus den USA berichtete man, dass Paketkuriere sogar in Plastikflaschen urinieren, um keine Zeit zu verlieren. Letztes Jahr raste ein Paketzusteller mit 150 Kilometer pro Stunde durch ein Ortsgebiet. Vor etwa zwei Jahren wurde ein 21-jähriger Paketzusteller mit seinem Kleintransporter von einem Zug erfasst und starb. Vor allem in der Vorweihnachtszeit ist der Druck auf die Zustellenden enorm.

Die Ausliefernden sind die letzte Instanz der Lieferkette. Bestellte Waren landen erst in einem zentralen Verteilzentrum, werden dort sortiert und anschließend an die meist selbstständigen oder von Subfirmen angestellten Kuriere übergeben. Karl Delfs, Gewerkschafter bei Vida, kritisiert, dass durch ein solches Vorgehen “prekäre Beschäftigungsverhältnisse” entstehen. Statt einer fixen Anstellung erhalten die Zustellenden Aufträge, sind sozusagen Vermittler zwischen dem Händler und uns, den Kund:innen. Das bedeutet, dass sie das gesamte unternehmerische Risiko tragen und keine Absicherung genießen. Dieses Modell wird auch von Essensbestelldiensten oder Taxidienstleistern wie Uber angewendet.

Im kommenden Jahr sollen Arbeitsinspektionen diese schlechten Arbeitsbedingungen bei Paket- und Lieferdiensten genauer überprüfen. Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) hat diesen Bereich als Schwerpunkt für Kontrollen im Jahr 2024 festgelegt, wie aus einer Pressemitteilung hervorgeht.

Die Arbeitsbedingungen für Paketkuriere müssen sich verbessern, soviel steht fest. Als Verbraucher haben wir die Möglichkeit, durch bewusstes Einkaufen und die Unterstützung von Initiativen, die sich für gerechte Arbeitsbedingungen einsetzen, einen positiven Einfluss auszuüben.

Falls du noch auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk bist und nachhaltig einkaufen möchtest, schau in den Hope for the Future Shop, vielleicht ist etwas für deine Lieben dabei – oder du beschenkst dich ausnahmsweise selbst. Alle Produkte von Hope for the Future werden mit der Österreichischen Post versendet, wo Paketkurier:innen fix angestellt sind.

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