Was hat Österreich mit Menschenhandel zu tun?

Nach Schätzungen internationaler Organisationen sind derzeit 45 Millionen Menschen Opfer des Menschenhandels, mehr als je zuvor in der Geschichte der Menschheit – und Österreich ist darin wesentlich beteiligt!

VERSKLAVUNG VOR UNSERER HAUSTÜR

„Menschenhandel ist der Handel von Menschen in besonderer Hilflosigkeit, durch Androhung oder Anwendung von Gewalt sowie Manipulation, zum Zwecke der Ausbeutung.“ – UN Definition

Wir hier in unserem schönen Alpenland neigen oft dazu, uns nicht mit den Problemen der anderen Länder bzw Kontinente zu identifizieren. Wir sind ein kleines Land und können kaum etwas ausrichten, denken wir. – Falsch gedacht! Diese Denkweise führt oft dazu, dass wir wegsehen, vergessen und uns nicht angesprochen fühlen. Das Problem aber ist, Österreich ist hier vorwiegend Täter und nicht Opfer. Täter in dem Sinne, dass wir Transit- und Zielland für Sklavenhändler*innen sind. Ja, wir liegen im Herzen Europas und das klingt sehr romantisch und idyllisch, aber die Kehrseite, die weit aus größer und unheilvoller ist, als wir uns vorstellen können, ist, dass jährlich Tausende Menschen (europaweit mind. 500.000, die Dunkelziffer ist weitaus höher), vorwiegend Frauen und Mädchen in unserem Land versklavt werden.

Die versklavten Menschen in unserer Mitte werden als Arbeitskräfte ausgebeutet, als Hausangestellte, auf dem Bau, in Gastronomiebetrieben, im Reinigungsgewerbe, als Aupair-Mädchen, in der Landwirtschaft, im organisierten Betteln, bei Begehung von Straftaten und Kinderhandel. Überall dort wo es möglich ist mit unlauteren Mitteln, wie Androhung bzw Durchführung von Gewalt, Vergewaltigung, bewusste Irreführung und Täuschung, Menschen mit Zwang zu missbrauchen. Der größte prozentuale Anteil des Menschenhandels und der Sklaverei in unseren Reihen betrifft die sexuelle Ausbeutung von überwiegend Frauen und Mädchen mit etwa 90%, aber auch von Jungen und jungen Männern.

Die Zwangsprostitution macht mit Abstand den größten Teil der modernen Sklaverei aus.

ZWANGSPROSTITUTION IN ÖSTERREICH

Wieder ein Fenster mit einem Aushang „neue Mädchen – neue Preise“, beim vorbeigehen muss ich stehen bleiben, mir wird schlecht bei dem Gedanken, dass die Nachfrage in meinem Land nach Prostitution so hoch ist, dass ständig neue Menschen, sehr viele Minderjährige, die meine Geschwister sein könnten, in meine Stadt, in meine Straße verschleppt werden, um dort hinter abgedunkelten Fenstern, in kleinen Zimmern ohne Tageslicht, täglich Schmerz, Angst und resignierender Verzweiflung ausgesetzt sind. Die Nachfrage bestimmt hier das Angebot, ein Satz den ich noch aus meiner betriebswirtschaftlichen Ausbildung auf Knopfdruck abrufen kann. So abgedroschen er klingen mag, doch so wahr ist er auch. Es ist die Nachfrage, die junge Mädchen und Frauen und ja auch Buben zu Opfern werden lassen, die ihnen jegliche Menschenwürde nehmen und es ist die Nachfrage, die diese unmenschlichen an Menschen begangenen Verbrechen befürworten und vorantreiben.

Ein typischer Arbeitsalltag eines Menschenhändlers bzw Sklavenhändlers sieht zB so aus: In eines der uns gut bekannten Schwellenländer fahren, wie zB Ungarn, Rumänien, Tschechien, usw. dort entweder Kinder auf der Straße ansprechen, Vertrauen aufbauen oder auch in Kinderheimen der Heimleitung junge Mädchen abkaufen, die werden daraufhin über Tage und Wochen hinweg seelisch wie körperlich gebrochen, durch Vergewaltigungen, Drogen, Essensentzug und Isolierung und dann nach Österreich verschleppt. Dort wird ihnen eine rosige Zukunft (jedoch ohne Pass und Identitätsnachweis) versprochen. Hier angekommen werden sie auf den Strich geschickt, landen in Puffs, Laufhäuser oder eben auch in der Pornografie. Sie müssen ihre Zuhälter bezahlen, ihre Zimmer, Kondome, falls diese auch benutzt werden, da viele Freier darauf bestehen ohne Kondom penetrieren zu wollen. Sie sind selten versichert, haben keinen Kontakt zur Außenwelt und hinzu kommt noch, dass Prostitution von vielen Medien schön geredet wird, obwohl nur ein geringer Prozentanteil (unter 5%) freiwillig diesem Job nachgeht. Wobei auch hier zu hinterfragen ist, wie Freiwilligkeit gemessen wird. Eine Betroffene drückt es so aus: „Wenn du in einem brennenden Haus bist, dann springst du. Und ja klar kann das Springen als freiwillig angesehen werden, aber ist es das auch, wenn es keine andere Wahl gibt?“ Die meisten österreichischen Prostituierten wurden ebenfalls in ihrer Vergangenheit Opfer von sexueller Gewalt und prostituieren sich aus einer Not heraus. Ich habe mit einer Sozialarbeiterin gesprochen, die seit etwa 20 Jahren Frauen in Wien hilft auszusteigen, und sie hat mir erzählt, dass sie in all den vielen Jahren keine Frau, kein Mädchen kennengelernt hat, dass freiwillig in der Prostitution ist.

WAS HAT DAS MIT MIR ZU TUN?

Nun ja, viele meinen nun, dass hätte ja nichts mit mir zu tun. Ich suche ja keine Prostituierte auf. Hier muss deutlich gesagt werden, mit jedem Klick auf einen Porno nimmst du die Dienste einer Prostituierten in Anspruch. Und du weißt nicht ob das was du siehst die Darstellerinnen freiwillig machen bzw zulassen. Wir dürfen uns die Pornoindustrie nicht schön reden, klar gibt es überall ein paar Ausnahmen, doch sie stehen in keinem Verhältnis zu der Realität in der wir uns befinden. Die Zwangsprostitution geht mit der Pornografie Hand in Hand. Die meisten Pornodarstellerinnen (bewusst die weibliche Form gewählt, da es nun mal hauptsächlich Frauen sind oder eben auch minderjährige Mädchen) sind Opfer des Menschenhandels und müssen unter Zwang, sexueller Ausbeutung, Freiheitsberaubung der Nachfrage dem vorwiegend männlichen Publikum „gerecht“ werden. Und es ist auch keine Seltenheit, dass Eltern ihre Kinder an die Pornoindustrie verkaufen, die davon lebt Frauen und Mädchen Gewalt anzutun, sie mit Drogen gefügig zu machen, um einer so hohen Nachfrage der Konsumenten gerecht zu werden. Doch jeder Konsument ist auch ein Täter, denn solange die Nachfrage da ist, desto mehr werden Mädchen, Frauen, Buben und junge Männer für die Gelüste anderer vergewaltigt, missbraucht, misshandelt und versklavt.

Hope for the Future gibt Unterstützung den Frauen und Mädchen, die aus der Prostitution aussteigen wollen. Wir wollen hinschauen, hinhören und aktiv nachhaltig helfen. Du auch? Dann unterstütze uns, damit die Sklaverei in unserem Land endlich weniger wird.