Verbot von Sexkauf nach schwedischem Vorbild: Chancen und Risiken des nordischen Modells

In Deutschland wird derzeit über ein Sexkaufverbot nach dem sogenannten nordischen Modell debattiert. Dieses sieht vor, dass Personen, die die Dienste von Prostituierten in Anspruch nehmen künftig eine Strafe bekommen, nicht aber die Prostituierten selbst. Während einige Gründe für das Modell sprechen, gibt es auch von mehreren Seiten Kritik.

DIE AKTUELLE LAGE

Mit einem Sexkaufverbot könnte – in der Theorie – Ausbeutung und schlechten Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter*innen der Riegel vorgeschoben werden, ohne dass sie selbst in die Illegalität abrutschen. Wenn der Kauf von Prostitution illegal wird, nehmen weniger Freier das Angebot in Anspruch. Das macht ein Land mit Sexkaufverbot unattraktiver für Menschenhändler. Das Modell wurde in Schweden bereits 1999 eingeführt und mittlerweile auch schon von anderen Ländern wie Frankreich, Irland oder Norwegen übernommen. In Schweden gibt es zusätzlich zum Verbot auch Hilfestellungen für all jene, die aus der Prostitution aussteigen wollen. Österreich hat das nordische Modell bislang noch nicht breit diskutiert.

DAS SPRICHT FÜR EIN VERBOT

Die österreichische Initiative „Stopp Sexkauf“ setzt sich für das Sexkaufverbot ein. Teil der Initiative sind verschiedene feministische Gruppierungen, wie lightup, SOLWODI Österreich oder der Verein feministischer Diskurs. Ein Verbot solle, so die Initiative, den Übergriffen Einhalt gebieten, die häufig auf Prostituierte ausgeübt werden. Wo Prostitution ist, sei auch organisiertes Verbrechen, so Susanne Riegler, die Mitgründerin und Sprecherin der Initiative, in einem Interview mit der Wiener Zeitung. Häufig wird von Gegner*innen des Sexkaufverbots vorgebracht, dass Frauen selbst bestimmen sollen, was mit ihrem Körper passiert. Dieses Argument hält Riegler jedoch nicht für stichfest. Nur wenige Frauen würden sich selbst für die Prostitution entscheiden. Die Kontrolle über den eigenen Körper liegt also auch jetzt in vielen Fällen nicht bei den Frauen, vielmehr werden diese durch äußere Umstände zur Prostitution gezwungen.

GEGNER*INNEN BEFÜRCHTEN STEIGENDE KRIMINALITÄT

Dennoch gibt es auch Kritik an einem Sexkaufverbot. Die Berufsvertretung Sexarbeit beispielsweise argumentiert, dass Sexarbeit für viele Frauen oft die einzige Möglichkeit sei, Geld zu verdienen. Ein Verbot würde ihnen auch diese Möglichkeit nehmen. Die Berufsvertretung fürchtet außerdem, dass Prostitution nach dem Verbot einfach auf den Schwarzmarkt verlegt werde. Dort kann sie nicht kontrolliert werden – Übergriffe auf Prostituierte könnten somit sogar weiter steigen. Statt eines Verbots fordert die Berufsvertretung mehr Gesetze, die die Arbeitsbedingungen der Prostituierten verbessern sollen. Wie deren Einhaltung dann tatsächlich kontrolliert werden könnte, ist allerdings unklar.

SEXKAUFVERBOT AUCH FÜR SEXUALBEGLEITUNG?

Ein weiteres Argument gegen ein Sexkaufverbot kommt aus dem Pflegebereich. Sexualbegleiter*innen oder -assistent*innen bieten Sexdienstleistungen für all jene an, die durch körperliche oder psychische Beeinträchtigungen, hohes Alter oder andere Gründe an der Auslebung ihrer Sexualität gehindert werden. Diese Dienstleistungen werden allgemein von der Gesellschaft toleriert. Es ist allerdings schwierig hier eine Linie zu ziehen: Ab wann darf Prostitution nicht mehr in Anspruch genommen werden? Haben beispielsweise Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen mehr Recht auf sexuelle Dienstleistungen als Menschen, die aus anderen Gründen keine Sexualpartner*innen haben? „Stopp Sexkauf“ zieht die Grenze schon bei Sexualbegleitung: „Niemand hat ein Recht auf sexuelle Versorgung“, meint Riegler.

Es ist also schwierig, eine endgültige Entscheidung für oder gegen das Sexkaufverbot zu treffen. Wichtig ist vor allem, dass die Debatte auch in der österreichischen Politik und Gesellschaft ankommt – und dass auch die Personen, die in der Prostitution tätig sind, selbst darin eingebunden werden. Nur so können die tatsächlichen Probleme und Herausforderungen von Sexarbeit erkannt und eine Lösung gefunden werden, von der die Betroffenen auch wirklich profitieren.