Sugar-Dating: Eine moderne Form der Prostitution?

In den vergangenen Jahren erfreute sich das Konzept des “Sugar Datings” einer stetig wachsenden Beliebtheit. Auch in Österreich existieren seit geraumer Zeit zahlreiche spezialisierte Datingseiten, die sich darauf fokussieren, “Sugar Daddys” oder gelegentlich auch “Sugar Mommys” mit “Sugar-Babys” zusammenzubringen. Doch was verbirgt sich tatsächlich hinter diesem Beziehungsmodell?

 Was genau ist Sugar Dating? 

Beim Sugar Dating, manchmal auch als „Sugaring“ bezeichnet, handelt es sich um eine moderne Form des Dating, bei der junge und attraktive Frauen (in der Szene bekannt als „Sugar-Babys“ oder „Sugar-Babes“) oft deutlich ältere, gut betuchte Männer daten, die als “Sugar Daddys” bekannt sind. Üblicherweise sind „Sugar Daddys“ Männer in ihren 50ern oder älter, während sich die Sugar-Babys typischerweise in ihren 20ern und Mitten in einer Ausbildung oder einem Studium befinden, wodurch sie finanziell weniger gut gestellt sind. Es gibt auch den Begriff “Sugar Mommy”, der eine ältere Dame beschreibt, die sich jüngere Liebhaber sucht und diese dafür großzügig belohnt, jedoch ist diese Art von Beziehung deutlich weniger verbreitet.

Die Bezeichnung “Sugar” im Sugar Dating weist darauf hin, dass finanzielle Zuwendungen wie Geld, teure Geschenke, luxuriöse Reisen oder andere materielle Vorteile eine bedeutende Rolle spielen. Oftmals wird den jüngeren Partnern auch Unterstützung bei ihrer Karriere in Aussicht gestellt. Die jüngere Person im Arrangement erhält diese materiellen Vorteile im Gegenzug für ihre Gesellschaft, Zeit und häufig auch Intimität.

Prostitution oder ein fairer Deal? 

Ein kontroverses Thema in Bezug auf Sugar Dating ist die Frage, ob es sich hierbei um eine moderne Form der Prostitution handelt. Befürworter argumentieren, dass Sugar Dating eine Art von Konsensbeziehung sei, in der beide Parteien freiwillig einvernehmliche Vereinbarungen treffen. Sie betrachten es als eine Möglichkeit für Menschen, ihre Bedürfnisse zu erfüllen, ganz ohne die üblichen Einschränkungen traditioneller Beziehungen. So heißt es auf einer der führenden Sugar Dating Webseiten beispielsweise, dass eine Sugar-Daddy-Sugar-Baby Beziehung „Spaß, Liebe, Lifestyle und vieles mehr“ für beide Parteien garantiert. Der „Sugar Daddy“ fühlt sich mit einer jungen, attraktiven Frau an seiner Seite wieder begehrenswert, während das „Sugar-Babe“ ein Leben im Luxus erwartet. Zudem wird damit geworben, dass Sugar Dating – vor allem den jungen Frauen – ein Leben jenseits jeglicher Sorgen und Nöte ermöglichen soll.  

In einem Interview mit dem deutschen Nachrichtenmagazin „Stern“ beschreibt Anita – ein  selbst ernanntes „Sugar-Babe“ – ihre Erfahrungen mit einem „Sugar Daddy“, der für eine zweiwöchige Reise und Sex mit der 22-Jährigen 3000 Euro zahlte. Anita selbst ist der Überzeugung, dass es sich bei ihrem Arrangement nicht um Prostitution handle, da sie das Geld für bestimmte Zwecke wie Reisekosten erhält. Im Gegensatz dazu gehe es bei der Prostitution rein um den Austausch von Geld gegen sexuelle Dienstleistungen. Zusätzlich fühlt sie sich durch die Möglichkeit, ihre eigenen Regeln festzulegen, eher unabhängig im Vergleich zu einer Prostituierten. Zum Beispiel erlaubt sie ihren Sugar Daddys nicht, bei ihr zu übernachten, und sie hat die Freiheit, ihre “Sponsoren” aktiv auszuwählen. 

Dem kann der Experte nicht zustimmen. Dieser betont, dass auch in der Prostitution viele Männer Gespräche suchen und die Prostituierten zu sozialen Unternehmungen einladen. Er sieht das Sugaring als eine Form der Zivil-Prostitution, da es äußerlich betrachtet einer herkömmlichen Beziehung ähnelt, aber letztendlich dreht es sich immer noch um den Austausch von Geld für sexuelle Beziehungen. Sobald der finanzielle Aspekt nicht mehr gegeben ist oder das sexuelle Interesse nachlässt, trennen sich die Wege der Beteiligten. Aus seiner Sicht ist alles andere nur eine Täuschung oder Illusion. Ron Weitzer, Soziologie-Professor an der George-Washington-Universität und Kriminologe, spricht daher von einer „Prostitution light“.

Die Tücken dieser Verbindung…

Obwohl die vermeintlich „süßen“ Beziehungen zum beidseitigen Vorteil und ein glamouröser Lebensstil versprochen werden, offenbart sich oft eine bittere Realität. Zwar wird auf den zahlreichen Dating-Plattformen immer wieder ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um eine Verbindung „auf Augenhöhe“ handle, dennoch darf nicht vergessen werden, dass es in vielen Fällen eine finanzielle Abhängigkeit und Machtungleichheit zwischen den beiden Parteien gibt. Die jüngere Person könnte möglicherweise dazu gedrängt werden, sexuelle Handlungen auszuführen, um die finanziellen Vorteile zu genießen. Vor allem wenn man sich noch in der Ausbildung befindet oder finanzielle Probleme hat wird man als „Sugar-Babe“ so schnell zum Opfer von Machtmissbrauch, auch wenn man vielleicht der Überzeugung ist, alles aus freien Stücken nur für sich selbst zu tun. 

Zudem zeigen Recherchen des Investigativformats Vollbild des SWR, dass viele ältere Männer die Sugar-Dating Plattformen nutzen, um gezielt sexuelle Kontakte zu Minderjährigen aufzubauen. Denn obwohl man sein Geburtsdatum angeben muss, um sich auf den Datingseiten zu registrieren, wird dies in keinster Weise näher kontrolliert. Das Mindestalter von 18 Jahren zu umgehen ist also kinderleicht. Mit wenigen Klicks kann man nach wenigen Minuten, ohne auszureichende Altersverifikation, den Kontakt zu den vermeintlichen „Sugar-Daddys“ aufnehmen. 

In den Chats mit dem Rechercheteam bestätigten einige “Sugar Daddys” bereitwillig, dass sie bereits Minderjährige getroffen und für sexuelle Handlungen bezahlt hatten – eine strafbare Handlung nach Paragraph 207b Absatz 3 Strafgesetzbuch: „Wer eine Person, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unmittelbar durch ein Entgelt dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an ihm oder einem Dritten vorzunehmen oder von ihm oder einem Dritten an sich vornehmen zu lassen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.“

Auch als die Reporterin vorgab, minderjährig zu sein, zeigten einige der Männer kein Problem damit und drängten trotzdem zu einem Treffen. Zuvor fragte er die vermeintlich Minderjährige, ob sie die Pille nehme und welche sexuellen Vorlieben sie habe. Zudem prahlte er damit, sich schon mit mehr als zehn minderjährigen „Sugar-Babes“ getroffen zu haben. Die Jüngste sei gerade einmal 14 Jahre alt gewesen. 

Mit versteckter Kamera traf die Reporterin den „Sugar Daddy“ schließlich und konfrontierte ihn mit der Frage, warum er auf derartigen Plattformen nach Minderjährigen suche. Doch der Mann, ehemaliger deutscher Politiker und Unternehmer, zeigte wenig Reue. Er suche eine Verbindung „auf Augenhöhe“ und biete lediglich Mentorenschaft. Einen Machtmissbrauch oder gar eine Form der Kinder-Prostitution sehe er darin nicht.

Julia von Weiler, Leiterin der Organisation “Innocence in Danger”, die sich gegen sexuellen Kindesmissbrauch engagiert, warnt vor den Gefahren des Sugar Dating für Minderjährige und junge Frauen, insbesondere wenn die jungen Menschen aus schwierigen familiären Verhältnissen stammen und finanzielle Unterstützung und Anerkennung suchen. “Wenn ein junger Mensch auf einen sehr viel älteren Menschen trifft, dann haben wir es qua definitionem mit einem Gefälle zu tun – an Lebenserfahrung, an Macht, oft auch Definitionsgewalt, und finanzieller Übermacht. Damit entstehen Abhängigkeiten”, sagt sie. Auch wenn die individuellen Erfahrungen mancher Frauen zu Beginn positiv scheinen mögen, können die „Sugar-Babes“ aus Angst vor Gewalt, Einsamkeit oder Armut ihre persönlichen Grenzen immer weiter überschreiten. 

Der Fall Daniel B. 

Ein aktueller Fall, der vor dem Landgericht in München verhandelt wurde, verdeutlicht, wie gefährlich Sugar Dating sein kann. Der Angeklagte Daniel B. wurde beschuldigt, gezielt minderjährige Mädchen im Alter von 13 bis 16 Jahren über Online-Plattformen wie “MySugardaddy” kontaktiert und sexuell missbraucht zu haben. Während des Prozesses versuchte der Angeklagte die Verantwortung auf die Opfer zu schieben, da sie sich freiwillig auf der Plattform registriert hätten. Das Gericht wies diese Argumentation jedoch entschieden zurück und verurteilte Daniel B. wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen in zahlreichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Hauptermittlerin im Fall Daniel B., Kommissarin Elisa Panuccio aus München, betont, dass es auf keiner der bekannten Plattformen Sicherheit vor sexuellem Missbrauch gibt. Es existiert keine zuverlässige Altersprüfung oder Verifizierung der Nutzerinnen und Nutzer. Eine strengere Altersverifikation wäre wünschenswert, aber das Bundesdigitalministerium argumentiert, dass dies nicht mit EU-Recht vereinbar sei.

Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklung fordern verschiedene Stellen, darunter auch Landeskriminalämter, das Bundesfamilienministerium und die ermittelnde Kommissarin Elisa Panuccio, von den Plattformbetreibern proaktive Maßnahmen, um minderjährige Nutzerinnen und Nutzer zu identifizieren und zu sperren. Bisher scheinen die Plattformen diesen Forderungen allerdings nicht nachzugehen. 

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