Nachbericht: Vienna Conference on Combatting Trafficking in Human Beings 2025

Der Begriff Resilienz hat seinen Ursprung in der Psychologie und Soziologie und beschreibt die Fähigkeit von Individuen, Gruppen oder Systemen, Krisen zu bewältigen, sich anzupassen und gestärkt aus Belastungssituationen hervorzugehen.

Die diesjährige Vienna Conference on Combatting Trafficking in Human Beings steht unter dem Leitmotiv „Gemeinsam resilient: Prävention von Menschenhandel in Krisenzeiten“ – ist ein Thema von hoher Aktualität und Dringlichkeit.

In Zeiten globaler Instabilität, ökonomischer Unsicherheit und zunehmender Migration werden Menschenhandel und Ausbeutung oft durch strukturelle Krisen befeuert. Die Arbeit jener, die an vorderster Front gegen diese Phänomene ankämpfen sind Sozialarbeiter:innen, Betreuer:innen, Polizei- und Justizbedienstete. Sie bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Empathie und professioneller Distanz, zwischen rechtlicher Präzision und menschlicher Belastung. Der ständige Kontakt mit traumatisierten Personen, die Konfrontation mit Gewalt und Ungerechtigkeit sowie der Druck, unter oft schwierigen Bedingungen schnell und richtig zu handeln, hinterlassen Spuren. Resilienz und interinstitutionelle Zusammenarbeit werden so zu zentralen Voraussetzungen, um nicht nur Betroffene wirksam zu schützen, sondern auch die eigene seelische Gesundheit und Handlungsfähigkeit zu bewahren.

Im Kontext der Prävention von Menschenhandel erhält Resilienz damit eine doppelte Bedeutung: Zum einen bezeichnet sie die individuelle Stärke von Betroffenen und Helfenden, mit extremen Belastungen umzugehen; zum anderen verweist sie auf die strukturelle Widerstandsfähigkeit von Institutionen und Netzwerken, die in Krisenzeiten – etwa während Konflikten, Pandemien oder ökonomischen Notlagen – Schutzmechanismen aufrechterhalten und weiterentwickeln müssen.

Im Zentrum der Konferenz steht die Podiumsdiskussion „Gemeinsam Resilient: Prävention von Menschenhandel in Krisenzeiten“, moderiert von Wolfgang Spadinger vom österreichischen Außenministerium. Hochrangige Expertinnen und Experten wie Conny Rijken (Europarat, GRETA), Tamara Schmidt (LEFÖ-IBF), Olga Dunebabina (La Strada Ukraine) und Ivan Marques (OAS) diskutieren über die Herausforderungen und Chancen der Resilienzförderung im globalen Kampf gegen Menschenhandel. Im Anschluss bot eine offene Diskussionsrunde Gelegenheit für vertiefte Fragen und den Austausch mit dem Publikum. 

Am Nachmittag fanden drei parallele Workshops statt, die unterschiedliche Dimensionen von Vulnerabilität und Resilienz beleuchten. Das Bundeskriminalamt widmet sich der sekundären Traumatisierung bei Strafverfolgungsbehörden. ECPAT Österreich, das Ludwig Boltzmann Institut für Grund- und Menschenrechte sowie IOM untersuchten die Situation von Kindern aus Krisenregionen. Der Workshop von LEFÖ-IBF und MEN VIA zeigt schließlich, wie aus Vulnerabilität neue Stärke entstehen kann. 

Der Workshop Nr. 1 „Unsichtbare Verletzlichkeiten. Sekundäre Traumatisierung bei Strafverfolgungsbehörden“, geleitet vom Bundeskriminalamt, widmete sich einem oft übersehenen Aspekt der Menschenhandelsbekämpfung: der psychischen Belastung von Ermittlerinnen und Ermittlern.

Durch den intensiven Kontakt mit traumatisierten Opfern und die ständige Auseinandersetzung mit Fällen von Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch sind auch Fachkräfte einem hohen Risiko sekundärer Traumatisierung ausgesetzt – einer Form der psychischen Erschöpfung, die aus der empathischen Anteilnahme am Leid anderer resultiert. Der Workshop thematisierte daher präventive Maßnahmen, institutionelle Unterstützungssysteme und Strategien zur Förderung psychischer Resilienz im behördlichen Alltag.

Das Interesse an diesem Thema war außergewöhnlich groß, was die Relevanz und Dringlichkeit einer vertieften Auseinandersetzung deutlich machte. Unter der Leitung von Gerald Tatzgern, dem Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Schlepperei im Bundeskriminalamt, fand im Anschluss ein Podiumsgespräch statt, das den Teilnehmenden authentische Einblicke in die Ermittlungsarbeit gewährte. Dabei wurde eindrücklich sichtbar, mit welchem langwierigen, oft mühsamen Engagement Beamtinnen und Beamte versuchen, komplexe Fälle von Ausbeutung und Menschenhandel aufzuklären. Tatzgern und sein Team beschrieben die emotionalen und strukturellen Herausforderungen dieser Arbeit – von der mühevollen Beweisführung über die enge Zusammenarbeit mit internationalen Partnern bis hin zur psychischen Belastung durch die Konfrontation mit menschlichem Leid.

Die Diskussion machte deutlich, dass Resilienz in diesem Feld nicht nur eine individuelle Kompetenz, sondern eine institutionelle Notwendigkeit ist, um nachhaltige Ermittlungsarbeit und effektiven Opferschutz zu gewährleisten.

Step by step eröffnet sich damit auch der Raum für Polizeibedienstete, sich selbst Unterstützung zu holen – ein Aspekt, der lange Zeit im behördlichen Umfeld tabuisiert war. Denn was macht es mit der Psyche, wenn Beamt:innen täglich mit Bildern, Geschichten und Realitäten konfrontiert sind, die der Gesellschaft meist verborgen bleiben? Solche Eindrücke hinterlassen Spuren, auch wenn sie professionell verarbeitet werden, und verdeutlichen, wie wichtig es ist, Strukturen der Achtsamkeit und psychischen Fürsorge innerhalb der Strafverfolgungsbehörden nachhaltig zu verankern.

Unsere Teilnahme an der Konferenz unterstreicht unser Engagement, die komplexen Dimensionen von Menschenhandel und Ausbeutung ganzheitlich zu verstehen und zu bekämpfen – sowohl aus der Perspektive der Betroffenen als auch jener, die täglich gegen diese Verbrechen arbeiten. Besonders eindrücklich wurde dies am Beispiel eines kürzlich zerschlagenen Menschenhändlerrings in Ischgl (Bezirk Landeck) deutlich: Ein Netzwerk von 28 Beschuldigten soll zwischen Mai 2021 und August 2024 insgesamt 45 Frauen aus Kolumbien nach Österreich gelockt und zur Prostitution gezwungen haben.

Unsere Obfrau Andrea Staudenherz wurde dazu als Expertin für Ausbeutung in einem Fernsehinterview befragt – ein Beleg dafür, wie sich beharrliche Aufklärungs- und Netzwerkarbeit lohnt. Denn nur wenn die Klient:innen und die Gesellschaft uns von HFTF kennen, können Betroffene den Weg zu uns finden und wir somit aktiv helfen! Um diese Arbeit fortzuführen, braucht es ein starkes, aktives Netzwerk, an dessen Ausbau wir bei Hope for the Future Tag für Tag arbeiten. Damit wir diese wichtige Arbeit langfristig fortsetzen können, sind wir jedoch auch auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Nur mit ausreichenden monetären Ressourcen können wir Betroffene professionell begleiten, Aufklärungsarbeit leisten und unsere Netzwerke weiter stärken, um Menschenhandel nachhaltig entgegenzuwirken.

Neben unserer praktischen Arbeit bringen wir auch unsere Expertise in politische und gesellschaftliche Diskurse ein: Wir hinterfragen bestehende Strukturen und Gesetzesgrundlagen, insbesondere dort, wo notwendige Reformen bislang ausbleiben, und setzen uns für deren Weiterentwicklung ein. Gleichzeitig suchen wir aktiv den Austausch mit Behörden, Fachorganisationen und der Zivilgesellschaft, um gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln und das Bewusstsein für die komplexen Realitäten von Ausbeutung und Menschenhandel zu schärfen.

Zum Abschluss der Konferenz plädierte Diane Schmitt, EU-Koordinatorin für die Bekämpfung des Menschenhandels, eindringlich dafür, dass den Worten endlich Taten folgen müssen. Sie betonte, dass mit der neuen Richtlinie (EU) 2024/1712, die am 14. Juli 2024 in Kraft trat, ein entscheidender Schritt zur Stärkung des europäischen Rechtsrahmens im Kampf gegen Menschenhandel gesetzt wurde. Die Richtlinie ergänzt die bisherigen Bestimmungen der (EU) 2011/36 und reagiert auf neue Herausforderungen, insbesondere auf die verstärkte Nutzung digitaler Kommunikationskanäle für Ausbeutung und Anwerbung. Bis zum 15. Juli 2026 müssen die Mitgliedstaaten die neuen Regelungen in nationales Recht umsetzen. Besonders hervorzuheben sind die erweiterten Straftatbestände, die nun auch Ausbeutung durch Leihmutterschaft, Zwangsheirat und illegale Adoption umfassen. Laut dem Bundeskriminalamt waren 2023 alle bekannten Betroffenen von Zwangsheirat Frauen und Mädchen – mehr als zwei Drittel davon Kinder und Jugendliche. Schmitts Worte machten deutlich, dass rechtliche Anpassungen allein nicht genügen: Es braucht konsequente Umsetzung, Bewusstseinsarbeit und koordinierte Zusammenarbeit, um Menschenhandel in all seinen Formen wirksam zu bekämpfen.

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