Menschenhandel bekämpfen – Österreichs Nationaler Aktionsplan 2024–2027

Mit dem siebten Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung des Menschenhandels, von 2024-2027, setzt Österreich seine konsequente Strategie im Kampf gegen eine der gravierendsten Menschenrechtsverletzungen fort. Der am 13. März 2024 vom Ministerrat erstellte Plan ist ein umfassendes staatliches Instrument, das sich klar gegen jede Form des Menschenhandels positioniert. Von sexueller Ausbeutung bis hin zu Arbeitsausbeutung, Kinderhandel und Ausbeutung zur Bettelei. Ziel des Plans ist es, das bestehende Maßnahmenpaket weiterzuentwickeln, Koordination zu verbessern und die Rechte von Betroffenen zu stärken.

Menschenhandel ist eine komplexe, grenzüberschreitende Kriminalitätsform. Österreich verfolgt seit 2004 einen strategischen Ansatz, koordiniert durch die Task Force Menschenhandel, die beim Außenministerium (BMEIA) angesiedelt ist. Die Task Force vereint Vertreter*innen aller relevanten Ministerien, Bundesländer, Sozialpartner*innen und zivilgesellschaftlicher Organisationen.

Der NAP 2024–2027 besteht aus fünf Tätigkeitsfeldern, die durch konkrete Maßnahmen, insgesamt 103, unterlegt sind:

  • Koordination und Zusammenarbeit
  • Prävention
  • Opferschutz
  • Strafverfolgung
  • Evaluierung und Monitoring

Diese Struktur sorgt für Kontinuität, ermöglicht aber gleichzeitig inhaltliche und operative Weiterentwicklungen gegenüber den vorherigen Aktionsplänen.

Bei der nationalen und internationalen Koordination steht die Sicherstellung effektiver Zusammenarbeit auf allen Ebenen im Mittelpunkt. Auf EU- und internationaler Ebene wird verstärkt mit Partnerstaaten, internationalen Organisationen und NGOs kooperiert. Besonderes Augenmerk liegt auf der stärkeren Verknüpfung mit den Bundesländern und dem gezielten Einbezug der Zivilgesellschaft.

Prävention ist ein Schlüsselfaktor zur Verhinderung von Menschenhandel. Der Aktionsplan sieht folgende Maßnahmen vor:

  • Sensibilisierungskampagnen für Schüler*innen, Berufsgruppen und die allgemeine Öffentlichkeit.
  • Zielgruppenspezifische Informationsmaterialien, vor allem auch in mehreren Sprachen.
  • Veranstaltungen und Schulungen für Fachpersonal in Justiz, Polizei, Gesundheitswesen und Betreuungseinrichtungen.
  • Bekämpfung der Nachfrage, beispielsweiße durch Maßnahmen gegen Arbeitsausbeutung in Lieferketten.
  • Stärkere Einbindung digitaler Kanäle und sozialer Medien zur Reichweitensteigerung.

Ziel ist, Risikobewusstsein zu schaffen, rechtliche Rahmenbedingungen zu vermitteln und potenzielle Täter*innen abzuschrecken.

Ein menschenrechtskonformer Umgang mit Opfern steht im Zentrum. Der NAP verfolgt unter anderem folgende Maßnahmen für den Schutz und die Unterstützung von Betroffenen:

  • Früherkennung von Betroffenen mittels standardisierter Indikatoren.
  • Stärkung von Opferschutzstrukturen, inklusive Ausbau spezialisierter Betreuungseinrichtungen.
  • Zugang zu Entschädigung und Rechtsvertretung, auch durch Einbindung von Expert*innen aus Justiz und Verwaltung.
  • Implementierung des Non-Punishment-Prinzips: Opfer sollen nicht für Straftaten belangt werden, die sie unter Zwang begangen haben.
  • Fokus auf Kinderschutz durch spezielle Maßnahmen, etwa im Asyl- und Betreuungssystem.
  • Psychosoziale und rechtliche Unterstützung für besonders gefährdete Gruppen wie Trans-Personen oder Menschen mit Behinderungen.

Ein wesentliches Ziel bleibt die konsequente Verfolgung von Menschenhändlern und Täter*innen. Dazu enthält der NAP unter anderem:

  • Analyse und mögliche Anpassung rechtlicher Grundlagen (z. B. im Strafgesetzbuch).
  • Schulungen für Strafverfolgungsbehörden zur Erkennung und Bekämpfung des Delikts.
  • Förderung interdisziplinärer Kooperation, etwa zwischen Polizei und NGOs.
  • Finanzielle Ermittlungen und Sicherstellung kriminell erlangter Vermögenswerte zur Entschädigung von Opfern.
  • Fokus auf Ausbeutungsstrukturen und kriminelle Netzwerke, nicht nur individuelle Täter*innen.

Auch internationale Rechtshilfe und Polizei-Kooperation sollen weiter intensiviert werden.

Der NAP 2024–2027 definiert klare Zuständigkeiten, Fristen und Indikatoren zur Überprüfung des Fortschritts. Dazu zählen:

  • Regelmäßige Berichte der Arbeitsgruppen an die Task Force.
  • Evaluierungen auf Basis messbarer Kriterien wie Opferzahlen, Verurteilungen oder Bekanntheitsgrad von Informationskampagnen.
  • Jährliche Überprüfung und Anpassung von Maßnahmen durch die Task Force Menschenhandel und deren Expert*innen.
  • Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Umsetzung sollen so sichergestellt werden.

Gegenüber dem vorherigen Plan (2021–2023) ergeben sich mehrere neue Schwerpunkte:

  • Stärkere strukturelle Verankerung von Opferschutzmaßnahmen
  • Ausbau digitaler Präventionsstrategien
  • Konkretisierung der Verantwortung von Bundesländern und Gemeinden
  • Verbesserung der Datenlage und wissenschaftlichen Begleitung

Zudem wurden sieben strategische Ziele definiert, die die Grundlinie der Umsetzung darstellen. Unter anderem zur Stärkung internationaler Kooperation und zur Verbesserung des Schutzes von Kindern.

Im Nationalen Aktionsplan benötigen Formen des Menschenhandels besondere Aufmerksamkeit. Vor allem die Arbeitsausbeutung, der Kinderhandel und die sexuelle Ausbeutung. 

  • Arbeitsausbeutung betrifft oft Menschen in der Pflege, Landwirtschaft oder Bauwirtschaft. Der NAP fördert hier beispielsweiße die arbeitsrechtliche Kontrollen und Informationsangebote für Migrant*innen.
  • Kinderhandel soll durch spezielle Schutzmaßnahmen, Monitoring in Betreuungseinrichtungen und Zusammenarbeit mit Jugendwohlfahrt verhindert werden.
  • Sexuelle Ausbeutung, von der vor allem Frauen betroffen sind, bleibt ein zentrales Thema, ebenfalls die Maßnahmen gegen digitale Rekrutierung und neue Ausbeutungsformen.

Der Nationale Aktionsplan 2024–2027 ist ein umfassendes, strategisch ausgerichtetes Instrument im Kampf gegen Menschenhandel. Mit einem breiten Maßnahmenkatalog, klaren Zuständigkeiten und gezielter internationaler Vernetzung setzt Österreich ein starkes Zeichen: Menschenhandel wird nicht toleriert, weder im Verborgenen noch offen, weder offline noch online. Die Stärkung des Opferschutzes, die konsequente Strafverfolgung und präventive Aufklärung sind dabei keine isolierten Maßnahmen, sondern Teile eines gesamtgesellschaftlichen Auftrags.

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