Kinderarbeit in Amerika: Eine Gesellschaft im Rückschritt?

Obwohl die Prävalenz von Kinderarbeit in einigen Entwicklungsländern höher sein mag, ist es wichtig anzumerken, dass Kinderarbeit keine geografischen Grenzen kennt und in verschiedenen Formen und Ausmaßen in vielen Ländern existiert. Die USA, ein Land, das sich stolz als Vorreiter für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit präsentiert, ist hiervon nicht ausgenommen. In der Tat hat sich die dortige Lage in den letzten Jahren nicht verbessert – im Gegenteil. 

Aber was versteht man überhaupt unter Kinderarbeit? 

Unter dem Begriff “Kinderarbeit” versteht man laut dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) Arbeiten, die gefährlich oder ausbeuterisch sind, welche die körperliche oder seelische Entwicklung von Kindern schädigen oder sie am Schulbesuch hindern. Sie verletzt die Kinderrechte weltweit. Hierbei ist es wichtig, zwischen normalen Aufgaben im Haushalt, legaler Beschäftigung von Jugendlichen über dem Mindestalter und Ausbeutung von Kindern in gefährlichen Branchen wie Steinbrüchen, Minen, Bergwerken oder Plantagen zu unterscheiden. Die meisten Länder haben gesetzlich ein Mindestalter zwischen 14 und 16 Jahren für legale Beschäftigung festgelegt. In Österreich beträgt das Mindestalter 15 Jahre mit Ausnahmen für leichte Tätigkeiten gemäß dem Jugendarbeitsschutzgesetz.

Die Vereinten Nationen zählen zu den “schlimmsten Formen der Kinderarbeit”: Sklaverei, Zwangsarbeit (einschließlich Kindersoldaten), Kinderprostitution und Kinderpornografie, kriminelle Tätigkeiten wie der Missbrauch von Kindern als Drogenkuriere sowie andere gefährliche Arbeitsbedingungen. 

Gemäß aktuellen Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und UNICEF sind weltweit etwa 160 Millionen Kinder, sowohl Mädchen als auch Jungen, von Kinderarbeit betroffen.

Die Lage in den USA

In den Vereinigten Staaten gibt es bis heute kein generelles Verbot der Kinderarbeit. Es ist hierbei jedoch wichtig zu beachten, dass die Arbeitsgesetze in den USA von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich sein können. Einige Bundesstaaten haben zusätzliche Bestimmungen und Einschränkungen für die Beschäftigung von Kindern. Prinzipiell aber dürfen, gemäß dem Fair Labor Standards Act (FLSA), Minderjährige in den Vereinigten Staaten bereits ab einem Alter von 14 Jahren in nicht-agrarwirtschaftlichen Bereichen arbeiten. Die Anzahl der Stunden, die sie tagsüber und wöchentlich arbeiten dürfen, ist jedoch begrenzt. So können Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren während eines Schultages maximal 3 Stunden arbeiten, an anderen Tagen sogar bis zu 8 Stunden. Die wöchentliche Arbeitszeit unterliegt ebenfalls Einschränkungen, abhängig davon, ob das Kind in der betreffenden Woche die Schule besucht. In diesem Fall sind 18 Stunden erlaubt, während außerschulische Wochen eine Höchstarbeitszeit von 40 Stunden ermöglichen.

Es gibt jedoch einige Ausnahmen von dieser Regel. Wenn das Kind beispielsweise bei seinen eigenen Eltern beschäftigt ist, Zeitungen austrägt, als Schauspieler tätig ist oder in der Landwirtschaft arbeitet, gelten spezielle Bestimmungen. So sind die Vorschriften für Kinder, die in der Landwirtschaft arbeiten im Allgemeinen weniger streng.

Auf den Feldern…

Denn während der Fair Labor Standards Act (FLSA), welcher 1938 verabschiedet wurde, viele Formen der Kinderarbeit einschränkte, wurden agrarwirtschaftliche Arbeiten ausgeschlossen. So liegt das Mindestalter in der Landwirtschaft immer noch bei 12 Jahren. Infolgedessen arbeiten in diesem Bereich derzeit immer noch hunderttausende Kinder, viele davon unter 14 Jahren, als Landarbeiter und ernten – ganz legal – Tabakblätter, Gemüse und Früchte und verbringen somit zwölf bis vierzehn Stunden täglich auf den pestizidverseuchten Feldern. 

Die Landwirtschaft ist zudem der einzige Wirtschaftszweig, in dem bereits 16-Jährige gefährliche Arbeiten verrichten dürfen. Demnach darf ein 16-jähriger Feinkostarbeiter keinen Fleischschneider benutzen, doch ein 16-jähriger Landarbeiter darf ohne jegliche Einschränkung mit einer Kreissäge hantieren. 

Angesichts dessen ist es leider nicht überraschend, dass laut dem Government Accountability Office jedes Jahr 100.000 Kinderlandarbeiter bei der Arbeit verletzt werden und dass 20% aller Todesfälle von Arbeitern in der Branche auf Kinder zurückzuführen sind. Von 2003 bis 2016 starben 452 Kinder bei der Arbeit. 52% dieser Todesfälle ereigneten sich in der Landwirtschaft – obwohl nur rund 5% der arbeitenden Kinder in dieser Branche beschäftigt sind.

Keine Besserung in Sicht – im Gegenteil 

Tatsächlich nimmt die Kinderarbeit in den Vereinigten Staaten schon seit einigen Jahren zu: Nach Angaben des Economic Policy Institute stieg die Anzahl der Verstoße gegen Kinderarbeitsgesetzte zwischen 2015 und 2022 um 283 % an. Allein im vergangenen Jahr wurden insgesamt 835 US-Unternehmen bestraft, die illegal mehr als 3800 Kinder beschäftigt hatten, darunter Hyundai, McDonald’s und Dunkin’ Donuts. Doch statt dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wollen immer mehr US-Bundesstaaten den Unternehmen die Beschäftigung von Minderjährigen erleichtern.   

Denn in den USA herrscht ein Mangel an Arbeitskräften, insbesondere in Berufen, die niemand mehr machen will. Um das Problem zu „lösen“, haben in den vergangenen Monaten immer mehr US-Staaten wie Arkansas, Iowa, New Hampshire und New Jersey Gesetzte zur Begünstigung der Kinderarbeit verabschiedet. So soll die Altersgrenze für bestimmte Jobs weiter gesenkt werden. Die Republikaner in Iowa haben, beispielsweise, ein Gesetz verabschiedet, das Jugendlichen ab 14 Jahren erlaubt, spätabends zu arbeiten. Die neue Regelung sieht vor, dass Jugendliche in den Sommermonaten bis 23 Uhr arbeiten dürfen und ihre Arbeitstage von maximal vier auf bis zu sechs Stunden verlängert werden können. Dabei werden ihnen Tätigkeiten in Kühlhäusern, Wäschereien und Fließbändern, die zuvor verboten waren, ermöglicht. In Wisconsin sollen die Restaurants künftig den Jugendlichen bereits ab 14 Jahren erlauben, Alkohol zu servieren, den sie erst ab 21 Jahren konsumieren dürfen. Ähnliche Bemühungen gibt es auch in anderen Bundesstaaten wie Minnesota. Dort soll Minderjährige erlaubt werden am Bau oder im Schlachthaus zu arbeiten, wo aktuell Arbeitskräftemangel herrscht. 

Befürworter, darunter Gouverneurin Kim Reynolds, sehen das Gesetz als Möglichkeit, Jugendlichen wertvolle berufliche Erfahrungen zu ermöglichen. Kritiker befürchten jedoch, dass das Gesetz Kinderarbeit erleichtert, da viele Familien in Amerika auf das Einkommen ihrer Kinder angewiesen sind und es nicht nur um Zuverdienst oder Berufserfahrung geht. 

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