Geben oder nicht geben? Die Kinderbettler im Senegal

Viele Westafrika Urlauber machen in Senegal mit auf der Straße um Geld und Essen bettelnden Kindern Bekanntschaft. Wer sind diese Kinder, woher kommen sie, und wer zwingt sie zum Betteln? Und: Geben oder nicht geben und was sind die Alternativen?

URLAUB ZWISCHEN NATIONALPARKS, KOLONIALEM ERBE UND BETTELNDEN KINDERN

In den vergangenen Jahren hat der internationale Tourismus in Westafrika zugenommen, immer mehr Menschen entdecken Natur, Kultur und Kulinarik zwischen der Sahara und dem Atlantik. Spitzenreiter ist dabei der Senegal. Jedes Jahr verzeichnet das Land zwischen Mali, Mauritanien und Guinea mehr Besucher aus westlichen Ländern. Doch neben atemberaubenden Landschaften und alten Kolonialgebäuden in Dakar oder Saint Louis, machen Touristen bald auch die Bekanntschaft von senegalesischen Kindern, die auf den Straßen Touristen und Bewohner gleichermaßen um Geld und Essen anbetteln. Viele Menschen stecken ihnen Kleinigkeiten zu, oft auch etwas Geld.

Einige der Kinder sind noch sehr jung, sie tragen schmutzige Kleidung und Papierbecher, die sie einem mit verschämtem Gesichtsausdruck entgegenstrecken. Vor allem weiße Touristen geben viel und gerne, die Konfrontation mit solch extremer Armut ist für viele eine überfordernde Erfahrung. Zu mitleiderregend ist der Anblick von den bettelnden Kindern, zu schlecht das Gewissen, um nicht zu geben. Die an öffentlichen Plätzen angebrachten Hinweistafeln, den Kindern bitte nichts zu geben und stattdessen an lokale Organsationen zu spenden, ändern an diesem Zustand nur wenig.

WER SIND DIE BETTELNDEN KINDER VON SAINT LOUIS, DAKAR UND TAMBACOUNDA?

Fragt man Einheimische, so lernt man schnell, dass die auf den Straßen bettelnden Kinder “Talibes” genannt werden. Sie besuchen die senegalesischen Koranschulen, “Daaras”, auf die sie oft von Eltern oder Aufsichtspersonen geschickt werden um den Koran zu studieren. Einige Kinder werden auch aus Armut von ihren Familien in die Daaras geschickt, wo neben ihrem geistigen auch für ihr leibliches Wohl gesorgt werden soll. Was soweit logisch und einleuchtend klingen mag, hat sich in der Realität zu einer bedenklichen Praxis entwickelt: die Koranschulen unterliegen keiner staatlichen Aufsicht oder Regulierung, was zu extrem variierenden Bedingungen führt. Viele der Schulen schicken die ihnen anvertrauten Buben und Jugendlichen hinaus auf die Straßen, wo sie von früh bis spät um Essen und Geld betteln sollen. Oftmals wird ihnen eine Quote vorgegeben, die es jeden Tag zu erbetteln gilt. Die Konsequenzen bei Nichterfüllung sind oft physische und andere Bestrafungen. NGOs schätzen die Zahl der Kinderbettler auf über hunderttausend insgesamt, genaue Zahlen gibt es keine. Ihren Berichten zufolge stellt das Zwingen der minderjährigen Talibes zum Betteln den größten Zweig von Menschenhandel in der westafrikanischen Nation dar.

DER KAMPF UM EIN ENDE DER KINDERBETTELARMUT-DIE VERANTWORTUNG JEDES EINZELNEN

Offiziell gibt es im Senegal Gesetze, die solche Praktiken verbieten. Wie viele andere auf dem Papier existierende Gesetze, werden sie jedoch von den Behörden nicht durchgehend umgesetzt. “Mit beiden Augen wegsehen” würde der Staat, so die Aussagen von lokalen Initiativen und NGOs. Die vor Ort arbeitenden Organisation versuchen seit geraumer Zeit, international und national auf das Thema aufmerksam zu machen und Menschen und Touristen aufzuklären. Westliche Touristen geben besonders gerne und viel, oftmals auch weil sie nichts über die Hintergründe und Probleme wissen und versuchen zu helfen. Tatsächlich kann das Problem der zum Betteln gezwundenen Kinder nur gelöst werden, wenn möglichst breite Aufklärung darüber betrieben wird. Erzwungenes Betteln hindert die Talibes an ihrem Recht, eine Schule oder Ausbildung zu besuchen. Ihr Betteln setzt sie einer Reihe von Gefahren aus, vor denen es die Aufgabe der Gesellschaft sein sollte, Kinder zu schützen. Erzwungenes Betteln ist eine Form moderner Sklaverei, und weder Religion, Tradition oder anderes dürfen als Ausrede für diese fundamentale Menschenrechtsverletzung dienen, so die Kinderrechts-NGO Humanium. Reisende sollen sich über die Hintergründe und Probleme informieren, wenn sie in den Senegal reisen. Und auch wenn es schwer fällt den Kindern kein Geld oder Essen zuzustecken, unterstützt letztlich ein System und eine Praktik, die mit der Hilfe vieler hoffentlich bald der Vergangenheit angehört.

AN LOKALE NGOS SPENDEN ANSTATT ZU GEBEN

Wie kann man nun den bettelnden Kindern im Senegal helfen?Die einhellige Meinung von Experten und lokalen Organisationen lautet: nicht zu geben ist tatsächlich die ethischere Entscheidung, auch wenn es extrem schwerfallen mag. Stattdessen an lokale Projekte und Organisationen spenden (Humanium, Mehr als 100.000 Kinder), die Einblick in die lokalen Communities und Probleme haben und den Kindern auf verschiedene Arten helfen. Und nicht zuletzt mit anderen Reisenden reden und dringend notwendige Aufklärungsarbeit leisten, damit die bettelnden Kinder im Senegal bald der Vergangenheit angehören.

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