Digitale Ketten: Wie Klickfarmen Ausbeutung und Neokolonialismus verstärken

In unserer schnelllebigen, digitalen Welt sprechen wir oft von großem Fortschritt und Wohlstand für alle, den uns Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) bringen sollen. Doch während im Globalen Norden die Vorteile der Digitalisierung gefeiert werden, zeigt sich im Globalen Süden ein problematisches Muster: der Digitale Kolonialismus.

Digitaler Kolonialismus beschreibt, wie große Tech-Konzerne aus reichen Ländern digitale Strukturen, Daten und vor allem die Arbeitskraft ärmerer Nationen für sich nutzen. Das erinnert stark an die früheren Formen des Kolonialismus.

Oft hören wir von einem „Wirtschaftswunder Afrikas“, das durch viele neue Tech-Startups, besonders im Finanzbereich (FinTech), entstehen soll. Doch diese schönen Geschichten verbergen eine unbequeme Wahrheit: Obwohl digitale Dienste auf dem afrikanischen Kontinent stark zunehmen, tragen sie nur wenig zur Gesamtwirtschaft bei – gerade mal etwa 8 Prozent des Bruttosozialprodukts. Afrika lebt immer noch hauptsächlich vom Export von Rohstoffen, und die Länder haben kaum Kontrolle über die Einnahmen daraus.

Gleichzeitig steigt der Bedarf an Rohstoffen wie Kobalt für die KI-Entwicklung massiv an. Über die Hälfte der weltweiten Kobaltvorkommen liegt in der Demokratischen Republik Kongo. Doch das große Geld und die Technik für den Abbau bleiben außerhalb Afrikas; sie gehen an Unternehmen im Globalen Norden.

Ein besonders klares Beispiel für digitalen Kolonialismus ist die Verlagerung schlecht bezahlter und unsicherer Jobs in sogenannte „Klickfarmen„. Große Tech-Konzerne wie Google, Microsoft und Facebook geben wichtige, aber oft monotone Aufgaben an Subunternehmen wie Scale AI oder Amazons Mechanical Turk weiter. Diese Aufgaben sind unerlässlich, damit KI-Systeme überhaupt funktionieren, zum Beispiel das Vorbereiten riesiger Datenmengen für Lernprogramme oder das Überprüfen von Inhalten in sozialen Medien.

Diese Arbeit, oft als „Geisterarbeit“ bezeichnet, ist in der Regel schlecht entlohnt, unsicher und extrem hart. Weltweit arbeiten schätzungsweise zehn Millionen Menschen an solchen Trainingsdaten, meist in Ländern mit niedrigen Löhnen. Dort verdienen sie oft nur 1 bis 2 US-Dollar pro Stunde. Da für diese Aufgaben keine besondere Qualifikation nötig ist, nutzen Unternehmen die ökonomische Armut auf dem afrikanischen Kontinent gezielt aus. Über ein Drittel der afrikanischen Bevölkerung, also 426 Millionen Menschen, lebt in extremer Armut und muss mit weniger als 1,90 Dollar pro Tag auskommen.

Die große Ungleichheit zwischen Globalem Norden und Süden begünstigt moderne Sklaverei und macht Menschen anfälliger für Menschenhandel. Wenn große Konzerne ganze Märkte beherrschen – wie zum Beispiel im Finanztechnologiebereich, wo fünf der sieben afrikanischen „Einhörner“ (Unternehmen mit einem Wert von über einer Milliarde Dollar) angesiedelt sind –, haben Arbeitnehmer:innen im Globalen Süden kaum andere Jobmöglichkeiten.

Der schnelle Erfolg von FinTech-Apps wie M-Pesa, mit denen man Geld per Telefonnummer senden kann, scheint zwar alle einzubeziehen. Doch es ist nur ein Werkzeug, um Geld zu bewegen; die Geldmengen, die tatsächlich vorhanden sind, wachsen dadurch nicht. Kritiker:innen wie Abeba Birhane weisen darauf hin, dass diese FinTechs in Afrika oft alte koloniale Muster wiederholen: Gewinne fließen an westliche Aktionär:innen, während die ärmsten Gemeinden in der Schuldenfalle sitzen bleiben.

Die Arbeitsbedingungen in Klickfarmen gehen oft Hand in Hand mit fehlenden Arbeitsrechten, geringer Arbeitsplatzsicherheit und extremem psychischen Stress. Besonders bei der Moderation von Inhalten müssen Arbeiter:innen schlimme und verstörende Inhalte über Gewalt, Kriminalität oder Missbrauch anschauen, was viele traumatisiert. Gewerkschaften, NGOs und Journalist:innen berichten von Ausbeutung, Hoffnungslosigkeit, Kontrolle und Überwachung. All das passiert, während die Großkonzerne aus dem Globalen Norden ihre maximalen Gewinne machen, teilweise auch, indem sie Steuerlücken ausnutzen.

Das Auslagern von Arbeit ist eine absichtliche Verlagerung der Verantwortung. Die großen Tech-Konzerne profitieren von der geleisteten Arbeit, während die oft menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen im Globalen Süden niemand sieht oder sich niemand darum kümmert.

In vielen afrikanischen Ländern fehlen oder sind die Datenschutzgesetze schwach. Das ermöglicht es Unternehmen, Daten besonders günstig abzugreifen. Dies wiederum macht diese Staaten noch abhängiger im digitalen Bereich. Lokale Lösungen werden dadurch oft blockiert, da Regierungen lieber Verträge mit Konzernen aus dem Globalen Norden abschließen, bevor eigene Infrastrukturen oder Innovationen entstehen können. Dies festigt die Ungleichheit und führt die alten kolonialen Machtspiele fort.

Aufklärung im Globalen Norden ist entscheidend. Wir müssen verstehen, dass Afrikas Entwicklungschancen nicht nur von der reinen Nutzung digitaler Lösungen abhängt. Es geht vielmehr darum, wie Afrika am Weltmarkt teilnimmt und welche eigenen Produkte es herstellt. Ein Ansatz für KI, der „dekolonial“ ist, ist hier notwendig. Das bedeutet, die Stimmen der benachteiligten Menschen ernst zu nehmen, die Ungleichheiten der Vergangenheit anzuerkennen und die KI-Politik so zu gestalten, dass sie soziale Gerechtigkeit voranbringt.

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