Flitscherl, Dorfmatratze oder langweilige Streberin – nicht immer sind es die verletzenden Worte pubertierender Buben. Nein, auch die Nachbarin oder der Onkel bewerten Mädchen und heranwachsende Frauen nach ähnlichen Kriterien. Dieses Verhalten hat jedoch System und Geschichte: Der Versuch eines Überblicks über ein sehr komplexes Thema.
Wie der Mann sich hierarchisch über die Frau stellte – ein historischer Exkurs
Die Wurzeln der patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen liegen in der Jungsteinzeit, in Europa zwischen 6.000 und 2.000 v. Chr.: Der Mensch begann sesshaft zu werden. Dieser Übergang zur Sesshaftigkeit ist eine der bedeutendsten Entwicklungen der Menschheitsgeschichte.
Zuvor, in den Jäger- und Sammlerverbänden, waren Frauen und Männer gleichberechtigt, aufeinander angewiesen. Als man sich dann mit Ackerbau und Viehzucht niederließ, verteilten sich die Aufgaben. Die Ernährung veränderte sich, die Geburtenrate stieg, das neue Besitztum führte zu vermehrten kriegerischen Auseinandersetzungen. Der Mann baute Waffen, verteidigte Hab und Gut und wurde zum Helden. Das Patriarchat, die Herrschaft des Mannes, etablierte sich.
Die Frau hingegen bekam nun fast jährlich ein Kind, vorher gebar sie alle 4-6 Jahre. Allein die vielen Geburten – ohne die heute übliche medizinische Versorgung – setzten der Gesundheit stark zu, die Lebenserwartung sank. Zusätzlich kümmerte sie sich um das Zuhause und arbeitete auf den Feldern.
Der Wert der Frau sinkt. Weiblichkeit wurde zum Synonym für Schwäche, zum Schimpfwort für alles „Unmännliche“. In der Philosophie der alten Hochkulturen, u. A. bei Aristoteles, werden Frauen als das von Natur aus schwache Geschlecht gesehen. Sofern Frauen nicht aus einflussreichen Familien stammten, verweigerten Männer ihnen den Zugang zu Bildung, Gesellschaft oder Politik.
„Der Grund für die Dominanz des Mannes in der Gesellschaft ist seine höhere Intelligenz. Nur der Mann ist ein vollständiger Mensch. Die Beziehung zwischen Mann und Frau ist von Natur aus derartig, dass der Mann über der Frau steht, dass der Mann herrscht und die Frau beherrscht wird.” – Aristoteles
Das Geschäft mit der Frau
Doch Frauen hatten etwas, das Männer interessierte: ihren Körper. Abgesehen von der notwendigen Fortpflanzung diente Sex als wertvolles Instrument, um Frauen zu objektifizieren und zu unterdrücken. Der Handel mit der Frau erwies sich zudem als äußerst gewinnbringend – denn diese Ware konnte im Gegensatz zu anderen vielfach verkauft werden.
Prostitution gibt es vermutlich seit Beginn der Menschheit. Die ersten offiziellen Bordelle dürften im 7. Jhd. v. Chr. in Griechenland entstanden sein. Prostituierte dienten in kultischen Handlungen, begleiteten Soldaten im Einsatz, arbeiteten in städtischen oder privaten Bordellen oder standen auf der Straße. Meist waren Prostituierte von der Gesellschaft geächtet, in manchen Kulturen und Epochen aber durchaus angesehen – sie waren jedoch immer menschliche Ware.
Doch vor dem Schöpfer sind wir alle gleich!
Religionen und Glaubensgemeinschaften haben im Lauf der Menschheitsgeschichte immer wieder großen Einfluss auf die Menschen und deren Sozialverhalten. Allerdings legitimieren die großen Weltreligionen das Patriarchat und die Unterdrückung der Frauen wird somit zum Gebet.
„Zur Frau sprach er: Viel Mühsal bereite ich dir, sooft du schwanger wirst. Unter Schmerzen
gebierst du Kinder. Du hast Verlangen nach deinem Mann; er aber wird über dich herrschen.“ – Gott, Gen 3,16
Allein durch die „Erbsünde“ – Eva aß vom verbotenen Baum – wird die Schlechterstellung der Frau in der gläubigen Gesellschaft gerechtfertigt. Aber auch in weiteren Schriften und Erkenntnissen des Christentums gilt die Frau als minderwertig.
Im Islam sind Frauen, je nach Tradition und Auslegung, ebenso schlecht positioniert. Frauen kämpfen noch heute vielerorts um ihre Grundrechte, haben kaum Freiheiten. Sollten sie nach männlicher Beurteilung „Schande“ über die Familie bringen, müssen sie sich vor Ehrenmorden durch Angehörige fürchten. Dazu genügt bereits ein Blickkontakt zu einem Mann außerhalb ihrer Familie. Die Täter entgehen oft einer strafrechtlichen Verfolgung.
In Indien finden noch immer hinduistische Witwenverbrennungen statt, in einigen afrikanischen Kulturen werden Mädchen weiterhin einer rituellen Beschneidung ihrer Geschlechtsorgane unterzogen.
Die Abwertung hat einen Namen: Misogynie
Misogynie stammt aus dem altgriechischen und bedeutet Frauenhass oder Frauenfeindlichkeit. Sie kommt fast in allen Epochen und Kulturen vor und erleichtert die Objektifizierung der Frau als Ware und dadurch die Ausübung von Gewalt oder sexueller Gewalt.
Erlernte Stereotypen
„Man wird nicht als Frau geboren, man wird zu ihr gemacht“ – Simone de Beauvoir
Über viele hunderte Jahre wurden Mädchen und Frauen systematisch unterdrückt, wuchsen mit dem Gedanken auf, unmündig, dumm und wertlos zu sein. Sie wurden dazu erzogen, hübsch auszusehen und dem Mann – Vater, Lehrer, Pfarrer, Ehemann, Chef – hörig zu sein.
Buben wurden abgehärtet, Emotionen wurden ihnen verwehrt und in ihre Erziehung floss militärische Strenge ein.
Frauen lernten, dass ihr Aussehen, das Unterdrücken ihrer eigenen Bedürfnisse und vor allem ihre Sexualität zu ihrem Vorteil nutzbar waren. Sexuelle Attraktivität machte sie bei Männern beliebt und von Frauen beneidet. Frauen wurden zu Konkurrentinnen, anstelle sich stärkend solidarisch zusammenzuschließen.
Frauenfeindlichkeit steckt in uns allen
Die patriarchalische Sozialisierung bedingt die sogenannte „internalisierte Misogynie“ – die erlernte, unterbewusste Abwertung der Frauen. Sie lässt Männer und vor allem auch Frauen unbemerkt die unterdrückenden bzw. unterdrückten Rollen einnehmen. Dieses konditionierte Denken ist auch heute noch ausgeprägt.
Im 20. Jhd. ist die Sexualisierung der Frau schließlich gesellschaftstauglich geworden. Unterhaltungsmedien wie Literatur, Zeitschriften und Werbung transportieren das Bild der schwachen, dümmlichen oder begehrenswerten Frau. Wer kennt sie nicht, die im Film stets lächelnde Sekretärin, Kaffee servierend, während ihr Chef wie selbstverständlich an ihren Po greift?
Und auch in den 2020ern finden weiterhin Schönheitswettbewerbe statt, werden viele Mädchen dazu erzogen, möglichst schlank und hübsch zu sein, sind Frauen finanziell benachteiligt. Geschäftsfeiern und Junggesellenabschiede finden weiterhin auch in Bordellen statt, Frauenhäuser sind oft überbelegt.
Zusätzlich bieten jedoch die digitalen Medien eine neue Dimension der Demütigungsmöglichkeiten: Von kostenlosen Fotofiltern diverser Apps, um sich attraktiver darstellen zu können, bis hin zu Cybermobbing und Gewaltaufrufen. Die Prostitution hat mit dem Internet ein zusätzliches Wirkungsfeld – die Plattform Pornhub erreicht inzwischen mit 2,5 Milliarden Seitenaufrufen pro Monat mehr Klicks als Netflix oder TikTok. Die Ware Frau wird weiterhin gehandelt, verkauft und gekauft. Und wie jede Ware begutachtet und bewertet.
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