Die EU im Kampf gegen Menschenhandel: Ein Lichtblick? 

Menschenhandel stellt eine gravierende Verletzung der Menschenrechte dar. Darunter wird vor allem das Anwerben, die Beförderung, die Weitergabe, das Beherbergen oder die Aufnahme von Frauen, Männer und Kinder zum Zweck der Ausbeutung verstanden. Doch obwohl diese Annahme immer noch weit verbreitet ist, betrifft der Menschenhandel nicht nur die ärmsten Länder. Der illegale Handel mit Menschen existiert auf der ganzen Welt, auch in der Europäischen Union. Doch in der EU sollen zukünftig strengere Gesetze im Kampf gegen Menschenhandel eingeführt werden.

Unter dem Begriff Menschenhandel versteht man gemäß dem UN-Menschenhandelsprotokoll von 2000 (Palermo-Protokoll, Art. 3) „die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung (…) zum Zweck der Ausbeutung“. Mädchen und Buben unter dem 18. Lebensjahr gelten auch dann als Opfer des Menschenhandels, wenn bei ihnen keines der eben genannten Druckmittel angewandt wurde. Ausbeutung umfasst laut §104a des österreichischen Strafgesetzbuches (StGB) die sexuelle Ausbeutung, Ausbeutung durch Organentnahme, Arbeitsausbeutung, Ausbeutung zur Bettelei und Ausbeutung zur Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen.

Obwohl in den vergangenen Jahren zahlreiche Fortschritte bei der Bekämpfung des Menschenhandels erzielt wurden, stellt er in der Europäischen Union nach wie vor eine ernsthafte Bedrohung dar. Allein zwischen 2017 und 2018, beispielsweise, meldeten die EU-Mitgliedstaaten 14.145 Opfer. Die Mehrzahl (72%) der Betroffenen waren Frauen und Mädchen, allerdings steigt der Anteil männlicher Opfer ebenfalls an. Sie werden vor allem zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung und der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft gehandelt. Fast die Hälfte der Betroffenen stammte aus einem EU-Land. Die Dunkelziffer dürfte jedoch noch weitaus höher liegen, da ein großer Teil der Straftaten nicht gemeldet und dadurch viele Opfer nicht erfasst werden. 

Trotz der immer noch hohen Opferzahlen, ist und bleibt die Europäische Union eine maßgebliche Akteurin im Kampf gegen den Menschenhandel. Am 5. April 2011 haben das Europäische Parlament und der Rat die Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer verabschiedet. Hier sind einige der wichtigsten Punkte der Richtlinie:

  1. Definition des Menschenhandels: Die Richtlinie definiert den Menschenhandel umfassend, um sicherzustellen, dass verschiedene Formen dieser Straftat erfasst werden. Dazu gehören Ausbeutung durch sexuelle Ausbeutung, Zwangsarbeit, Sklaverei oder ähnliche Praktiken.
  2. Strafen und Sanktionen: Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, angemessene und wirksame Strafen für Menschenhändler festzulegen, um Abschreckung zu gewährleisten. Die Strafen sollten schwere und abschreckende Wirkung haben, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
  3. Opferschutz: Die Richtlinie legt Maßnahmen fest, um die Rechte und Bedürfnisse der Opfer zu schützen. Dies umfasst Schutzmaßnahmen, Unterstützungsdienste, Zugang zu medizinischer Versorgung, rechtliche Unterstützung und sichere Unterkünfte.
  4. Nicht-Bestrafung und Schutz von Opfern: Opfer von Menschenhandel sollten nicht für illegale Aktivitäten, die im Zusammenhang mit ihrer Situation stehen, bestraft werden. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert sicherzustellen, dass Opfer angemessenen Schutz und Unterstützung erhalten, unabhängig davon, ob sie mit den Strafverfolgungsbehörden kooperieren.
  5. Prävention und Zusammenarbeit: Die Richtlinie betont die Bedeutung von Maßnahmen zur Verhinderung von Menschenhandel und zur Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten. Dazu gehören Informationsaustausch, Schulungen für Fachleute und Sensibilisierungskampagnen.

Die Mitgliedstaaten waren aufgefordert, diese Richtlinie bis zum 6. April 2013 in nationales Recht umzusetzen. Nun, ein Jahrzehnt später, möchte die Europäische Union den Kampf gegen den Menschenhandel weiter verschärfen. Daher soll die Richtlinie von 2011 neuerlich aktualisiert und umfassend ergänzt werden.

In den vergangenen Jahren haben sich die Formen der Ausbeutung stets weiterentwickelt. Die Globalisierung und der technische Fortschritt haben nicht nur Wirtschaft und Politik vernetzt, sondern auch die Kriminalität, wodurch das Geschäft mit Menschenhandel nach wie vor zunimmt. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission beschlossen, die EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels von 2011 zu überarbeiten und zu aktualisieren. Die politische Einigung zielt vor allem auf verschärfte Vorschriften in folgenden Bereichen ab:

  • Leihmutterschaft, Zwangsheirat und illegale Adoption sollen künftig ausdrücklich unter die Definition von Menschenhandel fallen. Dies verpflichtet die Mitgliedstaaten, derartige Handlungen in ihrem nationalen Strafrecht als Formen der Ausbeutung im Zusammenhang mit Menschenhandel zu bestrafen.
  • Menschenhandel, der durch Informations- und Kommunikationstechnologien, einschließlich des Internets und sozialer Medien, begangen oder erleichtert wird, wird als Straftat hinzugefügt. Auch die Verbreitung von Bild- oder Videomaterial der jeweiligen Opfer sollen in der Gesetzgebung stärker berücksichtigt werden.
  • Formelle Verweismechanismen werden in allen Mitgliedstaaten verbindlich eingeführt. Dies verbessert die frühzeitige Erkennung von Opfern und die Bereitstellung von Unterstützungs- und Hilfsangeboten. 
  • Menschen, die bewusst Dienste von Menschenhandel-Opfern in Anspruch nehmen, können bestraft werden.  Dies ist eine bedeutende Maßnahme, um die Nachfrage zu verringern. Hierbei kann es sich sowohl um sexuelle Handlungen als auch um klassische Arbeitsleistungen handeln. 
  • Verbindliche nationale Aktionspläne für die Mitgliedstaaten und eine verbesserte Verwaltungsstruktur mit nationalen Koordinatoren für die Bekämpfung des Menschenhandels werden eingeführt, ebenso die Möglichkeit, unabhängige Stellen zu benennen. Beide Änderungen stellen im Vergleich zu den früheren Rechtsvorschriften eine Neuerung dar und führen zu einer Harmonisierung auf EU-Ebene.
  • Es wird eine verpflichtende EU-weite jährliche Datenerhebung zum Menschenhandel auf der Grundlage vereinbarter Indikatoren geben, die von Eurostat veröffentlicht wird. Im vorherigen Rechtsrahmen war dies nicht verpflichtend und fand nur alle zwei Jahre statt.

Zudem sehen die vorgeschlagenen Strafmaße vor, dass Taten künftig mit einer Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren geahndet werden sollen. Bei besonders schweren Delikten ist sogar eine Mindestfreiheitsstrafe von zehn Jahren vorgesehen.

Die Richtlinie muss nun formell vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden. Sie tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Die Mitgliedstaaten müssen sie dann innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umsetzen.

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