Der Alltag am Strich – ein frauenverachtendes Arbeitsumfeld

Gegenwärtige Gewalt

Die blauen Flecken werden noch schnell mit Make-Up abgedeckt, bevor der nächste Freier in der Tür steht und mit dem Finger auf dich zeigt. Wie ein geprügelter Hund gehst du zu ihm, was jedoch eine Untertreibung ist, denn du bist geprügelt und du wirst geschlagen, manchmal mehr, manchmal weniger, manchmal gar nicht, aber das es passieren kann, das weißt du, weil es so oft passiert.

Arbeit vs. Armut

Im Kopf gehst du deine Geldbeträge durch, wie viel du für das Zimmer zahlen musst, deinem Zuhälter. Was bleibt dann noch für die Familie übrig? Und ums Eck wolltest du noch Stoff kaufen, weil die Schmerzen, die er dir jetzt in dem Moment zusetzt, die kannst du nicht mehr ertragen. Du kannst das alles hier nicht mehr ertragen!

Ausstieg? Schön wärs! Deine Deutschkenntnisse reichen für ein Hallo und Guten Tag. Niemand versteht dich hier, du bist auf dich allein gestellt und bevor du gar nichts hast, machst du das hier. Dich jeden Tag von neuem, stündlich von neuem aus deinem Bewusstsein zu lösen, versuchen dem eigenen Körper zu entkommen, um den alltäglichen Missbrauch, die allgegenwärtigen Vergewaltigungen irgendwie ertragen zu können.

Du wurdest aus deinem Heimatland entführt. In einen Bus gepackt und nach Österreich gebracht. Zuhause hast du auf der Straße gelebt. Deine Eltern konnten selten eine Mahlzeit für dich auftreiben, also bist du fort von daheim und hast dich mit anderen Kindern durchgeschlagen. Bis man dich in ein Heim steckte, dort war die Heimleiterin nicht gerade nett und es hat dich schon verwundert, dass ständig Kinder abgeholt werden und nicht mehr wiederkommen. Bis du dran warst. Käufer nannte man sie und man nennt sie immer noch so. Sie zeigten auf dich und deine Heimleiterin sagte, „Jetzt bekommst du ein besseres Leben! Du wirst Geld verdienen können. Einen Job haben, vielleicht wirst du auch Tänzerin!“ Denn das könnte man ja in Österreich, Deutschland, England, Spanien, Schweiz, all die Ländernamen, die aufgezählt wurden von denen du noch nie gehört hattest, aber es hörte sich gut an! Ein Traum den du nie träumtest wurde auf einmal zum Greifen nah. Sie griffen nach dir steckten dich in einen Bus. Du hattest nur deine Klamotten am Leib. Der Bus fuhr ziemlich lang, es war dunkel und stickig und auch der Ort an dem sie dich aus den Bus holten und mit mehreren Mädchen in ein Zimmer steckten. Jeden Tag und jede Nacht kamen die, die dich gekauft hatten und taten Dinge mit dir, die du nicht kanntest, die weh taten. Anfangs weintest du sehr viel, doch irgendwann flossen keine Tränen mehr. Denn du spürtest deinen Körper durch all die Schmerzen nicht mehr. Es war als würdest du dich jedes Mal in ein dunkles Loch zurückziehen und warten bis sie fertig sind, fertig damit sind, dich kaputt zu machen.

Eines Tages sagten sie du wärst bereit. Und so kamst du in Wien an, in einem dunklen Zimmer, mit einem Bett, zugezogenen Vorhängen, die du nicht öffnen durftest. Du verstandest die Menschen nicht. Es kamen immer wieder Männer in dein Zimmer, legten dir 20,– Euro hin und taten die Dinge, die dich in dein Loch zurückkriechen ließen. Das war der Traum der dir versprochen worden war: 10 bis 40 Euro nimmst du von einem Freier. Bezahlen musst du auch dein Zimmer, um die 200,–. Du siehst wie die anderen Mädchen oft zur Flasche greifen und andere Dinge konsumieren, du siehst ihren glasigen Blick und denkst dir, ja das brauche ich auch! Dann wird’s vielleicht leichter.

Vom Schulhof in den Puff

Deine Zimmernachbarin macht das schon länger als du. Aber sie sagt, sie wird bald rausgeschmissen, wenn sie nicht mehr Freier nimmt, weil sie schon 24 ist, hat sie nicht mehr so viele Chancen Geld zu verdienen. Sie erzählt dir wie sie hier gelandet ist. Sie hätte sich unsterblich verliebt, damals auf dem Schulhof, in einen Älteren, der immer wieder auf den Pausenhof kam und mit ihr und ihren Freundinnen sprach. Aber an ihr war er besonders interessiert. Sie unternahmen sehr viel gemeinsam. Er machte ihr Geschenke. Er schlief mit ihr. Es war ihr erstes Mal. Und er beteuerte ihr, sie war was ganz besonderes. Sie verbrachte nicht nur nach der Schule zeit mit ihm, sondern auch immer mehr Nächte, bis sie nur noch bei ihm wohnte, weil sie sich mit ihren Eltern zerstritten hatte. Er fragte sie, ob sie Geld hätte, da er ihr so viele Geschenke gemacht hatte, hatte er nichts mehr zum Leben. Sie verneinte und er lud Freunde ein und forderte sie auf, wenn sie mit ihnen schliefe, dann bekämen sie Geld und das wäre ja praktisch, weil sie ja nichts anderes tun müsse, was sie bereits mit ihm getan hatte. Sie wollte nicht. Sie bedrängten sie. Sie ließ es über sich ergehen. Er nahm sie mit an einen dunklen, mit viel Samt verkleideten Ort. Er zwang sie dort das gleiche zu tun. Das Geld nähme er an sich. Sie solle sagen sie sei volljährig. Sie war gerade 16 geworden. Zurück zu ihren Eltern könne sie nicht, sie schäme sich zu sehr, beendet sie ihre Geschichte und macht darauf aufmerksam, dass sie zurück an die Arbeit gehen sollten, denn einen Freier lässt man nicht warten und das hier ist ein 24 Stunden „Job“.

Alpträume sind Realität!

Frauenverachtung ist allgegenwärtig! Frauen die durch Menschenhandel und durch die sogenannte Loverboymasche in der Prostitution landen, ist ein weltweites Geschäft mit Sklaverei. Selten beruht dieses Geldverdienen auf Freiwilligkeit. Mädchen und junge Frauen werden in unmenschlichen Verhältnissen oft wie Tiere gehalten und behandelt.

Der Alltag in der Prostitution ist für die meisten Frauen traumatisch. 68 % der Frauen in der Prostitution haben eine posttraumatische Belastungsstörung durch ihre Tätigkeit als Prostituierte, vergleichbar mit der Belastung von Kriegsveteranen oder Folteropfern.

78% der Frauen in der Prostitution geben an, Angst vor der Gewalt von Sexkäufern zu haben, 95% erfuhren sexuelle Belästigung, 80-90% verbalen Missbrauch und soziale Geringschätzung, 60-75% wurden in der Prostitution vergewaltigt.

Die Therapeutin Ingeborg Kraus sagt: „Es gibt heute auf der Welt so viele Sexsklavinnen wie nie zuvor.“

Und wir haben es in der Hand, das zu ändern! Unterstütze jetzt die Arbeit von Hope for the Future.