Wenn die Ausbeutung von Minderjährigen zum Alltag wird

Jeder von uns ist schon mal mit dem Begriff Kinderarbeit in Berührung gekommen. Sei es durch Social-Media-Beiträge rund um Fast Fashion oder im Deutschunterricht mit Oliver Twist und den Grubenkindern in den Bergwerken. Während es sich bei Dickens Roman um eine fiktive – und doch historisch durchaus authentische – Geschichte handelt, sind ausbeuterische Arbeitsbedingungen für rund 160 Millionen Mädchen und Jungen bittere Realität. Anlässlich des Internationalen Tages der Kinderarbeit am 12.Juni möchten wir bei Hope for the Future daran erinnern, dass die Ausbeutung von Minderjährigen kein Phänomen von gestern ist. Im Gegenteil: Kinderarbeit gibt es bis heute – sowohl in Entwicklungsländern als auch in Industriestaaten.

Kinderarbeit: Ein Definitionsdilemma

Wer kennt es nicht? Die Eltern bitten einen den Geschirrspüler auszuräumen, den Rasen zu mähen oder beim Aufhängen der Wäsche zu helfen und schon greift man scherzhaft auf die Ausrede der Kinderarbeit zurück. Das Prinzip der Kinderarbeit steckt zwar schon im Namen, lässt aber zugleich kritische Faktoren außen vor: Es handelt sich hierbei nämlich um die Beschäftigung von Minderjährigen – und das in gefährlichen und ausbeuterischen Situationen, die die seelische und körperliche Entwicklung von ihnen schädigt. Die Kinder werden einfach zu Arbeitskräften degradiert, müssen schaufeln, bis die Hände wund sind oder das Feld bewirtschaften, bis die Beine vor Erschöpfung nachgeben. Von Freiwilligkeit ist dabei kaum mehr die Rede, denn es ist für sie oftmals die einzige Möglichkeit, den Lebensunterhalt der Familie zu sichern.

Als wäre die Arbeit in Steinbrüchen, Minen & Co. nicht schlimm genug, sind Kinder zudem Sklaverei und sklavenähnlichen Abhängigkeiten, Kinderprostitution und -pornographie, Zwangsarbeit inklusive des Einsatzes als Kindersoldaten sowie gesundheits- und sicherheitsgefährdenden Tätigkeiten ausgesetzt. Bereiche, die nicht ohne Grund von den Vereinten Nationen als schlimmste Formen der Kinderarbeit deklariert worden sind. 

Neben den Vereinten Nationen arbeiten auch die Länder selbst an national geltenden Gesetzen, die der Ausbeutung von Kindern Einhalt gebieten sollen. In Österreich beispielsweise ist Kinderarbeit grundsätzlich verboten und eine Schulpflicht geltend. Das Stichwort dabei lautet „grundsätzlich“. Die Gesetzeslage stempelt Einzelfälle wie das Mitwirken von Kindern bei Musikaufführung oder Fernsehaufnahmen, aber auch das Mitarbeiten in Familienbetrieben als legal ab – natürlich ab einem gewissen Alter und unter entsprechenden Bedingungen. Und doch: Die lückenhafte Regelung und Umsetzung macht es möglich, dass Kinder neben ihren schulischen Tätigkeiten im elterlichen Gasthaus kellnern oder als sogenannte „young carers“ Familienangehörige pflegen können, aber auch aus unterschiedlichsten Gründen müssen. Übertretungen, die leider nicht immer aufgedeckt werden.

Zwei Fälle von vielen 

Eines steht fest: Kinderarbeit ist ein globales Problem. Selbst Länder wie die USA, welche sich mit fortschrittlichster Technik und umfassender Legislatur rühmen, konnten sie bis dato nicht abschaffen. Eine Bundesstaat-übergreifende Aufdeckung zeigt das besonders treffend. Dort wurden mehr als 300 Fälle von Kinderarbeit in mehreren Filialen der bekanntesten Fast-Food-Kette der Welt bekannt. Besonders erschreckend ist ein Fall in einer McDonald’s-Filiale in Louisville, Kentucky. Zwei Kinder im Alter von 10 Jahren hatten dort ihre Eltern bei der Nachtschicht unterstützt, zum Teil bis 02.00 Uhr früh.

Ende letzten Jahres wurde zudem ein Fall eine US-Sanitärunternehmens publik, welches Kinder für gefährliche Tätigkeiten in dreizehn Betrieben in acht Bundesstaaten beschäftigte. Mehr als 100 Kinder sollen demnach in nächtlichen Reinigungsschichten in Schlachthöfen und Fleischverarbeitungsbetrieben im ganzen Land eingeteilt worden sein. Besonders schlimm: Mehrere Kinder erlitten während der Arbeit mit hochleistungsfähigen Geräten Verätzungen und andere Verletzungen. Was anfänglich vom Unternehmen in einer Presseerklärung bestritten wurde, konnte im Frühling 2023 nachgewiesen und vom Department of Labour mit einer Geldstrafe von 1,5 Millionen Doller geahndet werden. 

Eine Bilanz an Ignoranz gegen Kinderrechten

Die Zahlen könnten nicht erschreckender sein: Rund 160 Millionen Mädchen und Jungen sind laut ILO und UNICEF Opfer von Kinderarbeit. Fast die Hälfte davon sind besonders gefährlichen und ausbeuterischen Bedingungen ausgeliefert. Der Großteil von ihnen – rund 70 Prozent – arbeitet in der Landwirtschaft, z. B. auf Farmen in Lateinamerika, wo lange Arbeitszeiten keine Seltenheit und die Kinder zudem chemischen Schädlingsbekämpfungsmittel ausgesetzt sind. Auch das Durchschnittsalter schockiert, denn nach aktueller Schätzung der beiden Organisationen sind mehr als die Hälfte der betroffenen Kinder unter 12 Jahre alt.  Insbesondere in Kriegs- und Krisengebieten müssen viele Kinder arbeiten – selbstorganisiert, aber auch im Familienbund.

Mitunter einer der Gründe, weshalb der afrikanische Kontinent mit über 30 Prozent den überwiegenden Teil an Kindern in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen aufweist. Kinder, die in Bergwerken und Steinbrüchen Rohstoffe für unsere Autos, Kosmetik und Elektronik schürfen, auf Feldern Baumwolle für die Modeindustrie pflücken und Kakao, Kaffee & Co. für große Lebensmittelkonzerne ernten. 

Das wirft die Frage auf: Wieso müssen Kinder für Weltmärkte schuften, Schule gegen Arbeit tauschen und gegen Hungerlöhne für unsere Luxusprodukte zum Teil Nachtschichten schieben? Mehr zum Thema Kinderarbeit, den Folgen und die politischen Programme im Kampf gegen die Ausbeutung von Mädchen und Jungen erfährt ihr im Teil 2 dieser Artikelserie!

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