Wo Frauen auf der Flucht sind, gibt es nie ausschließlich gut gemeinte Hilfsangebote – im Gegenteil. Die Notlage von ankommenden Ukrainerinnen wird schamlos ausgenützt, und das besonders seit Beginn des russischen Angriffskriegs. Oft warten die Menschenhändler schon an Bahnhöfen und Grenzübergängen und locken mit falschen Versprechungen und unseriösen Angeboten. Auch bei der Suche nach einer Unterkunft müssen geflüchtete Frauen auf der Hut sein.
Vom Krieg in die Prostitution
Herrscht in einem Land Krieg, wie leider schon seit einiger Zeit in der Ukraine, ist Flucht oft der einzige Ausweg für die dort lebenden Menschen. In ein fremdes Land zu kommen, oft ohne genügend Geld und Sprachkenntnisse, stellt Geflüchtete vor großen Herausforderungen. Vor allem macht sie ihre Not und Verzweiflung zu idealen Opfern von Menschenhändlern und Ausbeutung jeglicher Art. Da in der Ukraine alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren der Generalmobilmachung unterstehen, kommen die Frauen oft alleine oder mit ihren Kindern. Seit dem Einmarsch Putins in die Ukraine im Februar 2022 warnen Experten vor Ausbeutung ukrainischer Frauen, die nach Zentraleuropa kommen. Analysetools zeigten, dass die Google-Suchen nach „Sexdiensten“ ukrainischer Frauen stark zugenommen hat – auch in Österreich, wie der Standard berichtet. Laut Spiegel haben sich verstörende Suchanfragen wie „Ukrainischer Flüchtlings-Porno“ oder „Ukrainische Escorts“ sogar verhundertfacht. Ein trauriger Gedanke, dass diese Einträge in die Suchmaschinen offenbar die erste Reaktion vieler Männer auf den Kriegsausbruch in der Ukraine war.
Wohnen gegen Sex
Vor allem bei der Herbergssuche müssen die Frauen aus der Ukraine achtsam sein. Nicht alle scheinbar selbstlosen Anzeigen für günstige Zimmer sind seriös. Dies deckte erst kürzlich eine Reportage des ZDF auf. Eine Reporterin meldete sich „undercover“ auf großzügig wirkende Angebote im Internet und es stellte sich heraus, dass sie für viele Zimmer quasi mit Sex bezahlen sollte. Die Leiterin der Migrantinnenorganisation LEFÖ Evelyn Probst warnt Ukrainerinnen auch vor Menschenhändlern, die sie an Grenzübergängen und Bahnhöfen ansprechen und versuchen, sie mit Aussichten auf Jobs und Wohngelegenheiten in eine Falle zu locken. Nicht selten wird unter einem Vorwand von ihnen verlangt, ihren Pass auszuhändigen. Ohne Pass sind sie den Menschenhändlern wehrlos aufgeliefert.
Laut Behörden stieg die Anzahl ukrainischer Frauen, die in Bordellen arbeiten, nicht – diese Behauptung konnte der ZDF zumindest für Deutschland widerlegen. Die Reporter besuchten „undercover“ zahlreiche Bordelle und trafen in 7 von 10 Betrieben auf Frauen mit ukrainischen Wurzeln. Sie unterhielten sich mit diesen Frauen vor Ort und fragten, warum sie hier seien. Eine 35-Jährige gab an, ihren Eltern eine Wohnung in Kiew finanzieren zu müssen, da die Behausung in ihrem Heimatort völlig zerstört wurde. Eine weitere Frau war an der Bürokratie des Jobcenters gescheitert und brauchte nun rasch Geld zum Leben. Von Prostitution aus freiem Willen kann also nicht die Rede sein.
Das Gesetz schützt sie nicht
Die derzeitige Gesetzeslage in Deutschland, sowie auch in Österreich, kann die jungen Frauen nicht ausreichend vor der Zwangsarbeit in solchen Etablissements schützen. Helga Gayer, die Leiterin des Referats Menschenhandel, erklärt, dass jeder in Deutschland (dasselbe gilt für Österreich) in Bordellen arbeiten darf. „Sexarbeit“ wird gehandhabt wie jeder andere Beruf, unabhängig davon, wie groß die Not ist, die die Menschen dazu treibt, diese „Arbeit“ auszuführen. Solange es keine Hinweise auf eine Straftat gibt, besteht kein Handlungsbedarf seitens der Behörden.
Bisher gibt es sehr wenige bestätigte Fälle von Menschenhandel oder Zwangsprostitution in Verbindung mit ukrainischen Flüchtlingen. Dies ist wenig überraschend, wie Valiant Richey, Sonderbeauftragter der OSZE zur Bekämpfung von Menschenhandel, erklärt. Es sei schwierig, Fälle von Menschenhandel zu finden und „noch schwieriger in einem Kontext, in dem Prostitution legal ist“. Arbeitsausbeutung ist einfacher ausfindig zu machen, denn da gibt es fixe Regelungen, die nicht verletzt werden dürfen. Zu bedenken gilt: Das Ausmaß (sexueller) Ausbeutung erkennt man oft erst einige Monate nach einer Flüchtlingswelle.
Nach der Annexion der Krim dauerte es zwei Jahre, bis der Anstieg von Menschenhandel mit Ukrainerinnen festgestellt wurde. Das Problem ist oft, dass den Geflüchteten nach einiger Zeit das angesparte Geld ausgeht und sie in den Staaten, die sie aufgenommen haben, keine ausreichende Unterstützung erhalten. Vor allem, wenn sie auch noch die im kriegsgebeutelten Land zurückgebliebenen Familienmitglieder finanziell erhalten müssen.
Information als bester Schutz
Wie so oft ist Aufklärung und Prävention das allerwichtigste. Seit Ausbruch des Krieges fordern NGO´s flächendeckende Informationen speziell für Ukrainerinnen auf der Flucht – und am besten natürlich in ihrer Sprache. Die europäischen Zielländer hätten schon vorsorglich gegen den absehbaren Anstieg an Menschenhandel vorgehen müssen. Für Menschen, die der Stresssituation einer Flucht ausgesetzt sind, ist es wichtig, dass sie Informationen bekommen, damit sie sich orientieren können. Es ist zentral, sie über ihre Rechte aufzuklären. Seitens der Regierungen ist hier nicht viel passiert.
Der Verein LEFÖ hat zum Beispiel durch Facebook-Postings und Flyer auf das Thema Menschenhandel aufmerksam gemacht und insbesondere allein reisenden Frauen geraten, in Gruppen zu bleiben, und, sollten sie mit jemanden mitfahren, ihren Bezugspersonen das Autokennzeichen schicken. Sie wurden auch davor gewarnt, niemals ihren Reisepass in fremde Hände zu geben.
Der Angriffskrieg dauert nun schon etwa eineinhalb Jahre, das mediale Interesse ist abgeflaut und die Menschen, die von dort geflüchtet oder noch auf der Flucht sind, geraten in Vergessenheit. Organisationen, die sich bisher für den Schutz und die Aufklärung ukrainischer Frauen eingesetzt haben, bekommen immer weniger internationale Hilfsgelder. Dabei ist sowohl die Präventionsarbeit an der Grenze, also auch im Zielland wichtiger denn je.
Die Inflation war zuletzt in jedem europäischen Land hoch, in Österreich besonders. In unserem Land sind zurzeit 78.000 Menschen aus der Ukraine registriert. Hope For The Future verhilft auch Menschen aus der Ukraine zu einem Neustart in Österreich und kann sie davor bewahren, Opfer von Menschenhändlern zu werden. Unter anderem haben geflüchtete Frauen bei uns die Möglichkeit, Deutschkurse zu absolvieren, um eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
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