Schwanger: Arbeit – Ausstieg – Alternativen

Was sind die gesetzlichen Vorgaben für schwangere Sexarbeiterinnen in Österreich? Wie sieht die Realität aus? Zahlreiche Schwangerschaftsabbrüche und hohe gesundheitliche Risiken für Mutter und Kind sind oft die Folge, da sie oft nicht krankenversichert und rechtlich abgesichert sind. Auch Minderjährige sind von den Folgeschäden betroffen. Die Geburt des Kindes erweist sich allerdings manchmal auch als Chance für einen Ausstieg aus dem Gewerbe. Lesen Sie hier mehr.

RECHTSLAGE

Salzburg hat mit Juni 2009 ein Verbot für „offenkundig schwangere Personen“ erlassen, sexuelle Dienstleistungen auszuüben (§ 2 Abs 1 Z 5 Salzburger Landessicherheitsgesetz). Die im Mai 2018 vom BMEIA Österreich im Rahmen der Task Force Menschenhandel veröffentlichte Regelung der Prostitution in Österreich stellte fest, dass die Sexdienstleisterinnen dadurch in eine verhängnisvolle Lage gebracht werden, da sie häufig über keinen ausreichenden Versicherungsschutz verfügen und somit die notwendigen ärztlichen Leistungen nicht in Anspruch nehmen können. Zudem bestünde aus medizinischer Sicht kein Anspruch auf vorzeitigen Mutterschutz. Für das ungeborene Kind bedeutet diese Situation, dass es entweder einem hohen gesundheitlichen Risiko ausgesetzt wird, oder aber aufgrund der Perspektivlosigkeit der Mutter abgetrieben wird. Das BMEIA empfiehlt aus diesem Grund Präventivmaßnahmen wie Zugang der Sexdienstleisterinnen zu Sozialleistungen und Beratung über Verhütung und Infektionsschutz.

Weder besagtes Verbot von 2009 noch dessen Kritik und die vorgeschlagenen Maßnahmen des BMEIA gewährleisten allerdings akute Hilfestellungen für schwangere Sexdienstleisterinnen und deren ungeborenes Leben. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich gibt es natürlich Hilfsorganisationen und Stiftungen für schwangere Frauen in Notlage, wie beispielsweise die „Bundesstiftung Mutter und Kind –Schutz des ungeborenen Lebens” in Deutschland und ähnliche Einrichtungen in Österreich, allerdings nicht auf landesgesetzlicher Ebene.

„OFFENSICHTLICH SCHWANGER“ – HOLPRIGE SCHUTZMASSNAHMEN

In allen österreichischen Bundesländern gibt es zumindest die Verpflichtung, eine Schwangerschaft der Polizei zu melden. Ob dem die Bordell-Betreiber, die Gesundheitsämter oder die Prostituierten selbst nachgehen, ist unterschiedlich geregelt und die Einhaltung schwer kontrollierbar. Gesetzlich finden sich, ebenfalls landesweit variierend, nur vage Formulierungen, die den Schutz von schwangeren Prostituierten gewährleisten sollten: In Salzburg dürfen „offensichtlich schwangere“ Frauen nicht als Sexarbeiterin arbeiten, in der Steiermark gibt es Musterhausverordnungen, die ein Verbot von schwangeren Sexarbeiterinnen in einem Betrieb aussprechen, und in Graz bekommen schwangere Prostituierte immerhin keine Gesundheitskarte.

In der Realität arbeiten schwangere Prostituierte oft bis unmittelbar vor der Geburt weiter, aus Angst ihr Einkommen zu verlieren: Schwester Anna Mayerhofer, die im Rahmen der Initiative “Solwodi” Frauen, die Opfer von Menschenhandel, sexueller Gewalt und Ausbeutung geworden sind, unterstützt, berichtet: “Einmal habe die Putzfrau eines Bordells eine Frau, die drei Wochen vor dem Geburtstermin stand, mit Solwodi in Kontakt gebracht. “Da hat der Bordellbetreiber gesagt, dass sie nicht mehr bleiben kann.”

WENN MÄDCHEN MÜTTER WERDEN

Besonders minderjährige Prostituierte sind durch diese Situation schwer belastet. Denn obwohl das Mindestalter für das Ausüben von Sexarbeit je nach Bundesland in Österreich mit 18 bzw. 19 Jahren festgesetzt ist, arbeiten geschätzt 200 minderjährige Prostituierte illegal am Strich. Betrieben, die Personen unter diesem Alter arbeiten lassen, droht eine Strafe, aber auch die Sexarbeiterinnen selbst werden mit Verwaltungsstrafen belegt.

GRAUZONE MÄDCHENPROSTITUTION

“Für diese Mädchen gibt es in Österreich kein Hilfsangebot”, erzählen Carolin Tener und Tina Ring in ihrem Buch “Auf dem Strich. Mädchenprostitution in Wien” (Auf dem Strich. Mädchenprosititution in Wien, Milena Verlag 2015) Die Organisation minderjähriger Prostituierter in Österreich verbreitet sich oft unentdeckt in diversen Foren im Darknet. Schwangerschaften werden oft mit einer Abtreibung beendet, die mit hohen Kosten und gesundheitlichen Risiken für die betroffenen Mädchen verbunden sind. Selbst wenn sie krankenversichert wären, werden die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch in Österreich nicht von den Krankenkassen übernommen, es sei denn es liegt eine medizinische Notwendigkeit vor.

Unter 14-Jährige dürfen außerdem ausschließlich mit der Zustimmung eines Erziehungsberechtigten eine Abtreibung vornehmen lassen. Ob nun die Mädchen selbst auf den bis zu 500 Euro teuren Kosten sitzen bleiben, sie womöglich von ihren Zuhältern zu einem Abbruch gezwungen werden und wer die Bürgschaft in den Abtreibungskliniken für die Minderjährigen übernimmt, kann aufgrund des Datenschutzgesetzes und einer hohen Dunkelziffer an Abtreibungen in Österreich nur gemutmaßt werden.

AUSSTIEG MÖGLICH?

Viele Frauen, die bei den Ordensfrauen Schutz suchen, sind schwanger, erzählt Mayrhofer von Solwodi. Die Schwangerschaft sei für sie ein Weg, um aus der Prostitution auszusteigen. “Die Frauen wissen, wer der Vater ist, sie gehen eine Beziehung ein, um aus dem Milieu herauszukommen, nur verlassen die Männer die Frauen dann meistens, wenn ein Kind unterwegs ist.” Hilfsorganisationen wie Solwodi, bieten Frauen, die diesem Teufelskreis entfliehen und neu anfangen wollen, in anonymen Schutzwohnungen Unterkunft, Beratung und Begleitung in einem neuen Lebensalltag.