Facebook, Instagram, TikTok und X, ehemals bekannt als “Twitter” – die verschiedenen Social Media Plattformen sind schon längst zu einem fixen Bestandteil unseres Lebens geworden. Wir verbringen Stunden damit, unser Leben online zu teilen, uns mit unseren Freunden und Familien zu vernetzen und die neuesten Trends und Nachrichten zu verfolgen. Doch auch Plattformen wie OnlyFans haben in den letzten Jahren zusätzlich an Bedeutung gewonnen. Obwohl die Online-Plattform in der Vergangenheit schon des Öfteren – berechtigterweise – in der Kritik stand, konnten das Journalistenteam von STRG_F und dem Y-Kollektiv in den vergangenen Monaten durch ihre Recherchen weitere Missstände ans Tageslicht bringen: So sollen immer wieder Frauen auf OnlyFans systematisch ausgebeutet werden und offensichtlich handelt es sich hierbei um ein lukratives Geschäft.
Was ist OnlyFans überhaupt?
Im Grunde ähnelt OnlyFans anderen sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram: Die Funktionsweise von OnlyFans ist dadurch recht einfach. Content-ErstellerInnen, die als “Creator” bezeichnet werden, erstellen ein Konto auf der Plattform und können dann kostenpflichtigen Zugang zu ihren Inhalten anbieten. Content-ErstellerInnen müssen, um Inhalte hochladen zu dürfen, mindestens 18 Jahre alt sein. Um sicherzustellen, dass Minderjährige keine Inhalte auf der Plattform teilen können, verlangt OnlyFans zur Verifikation ein Selfie mit einem gültigen Personalausweis sowie eine Nahaufnahme des Dokuments. Es sollte jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass diese Maßnahme in der Praxis leicht umgangen werden kann, da es zahlreiche technische Möglichkeiten gibt, gefälschte Identitätsnachweise zu erstellen und hochzuladen. Außerdem gibt es Drittanbieter, die sich auf die Bereitstellung gefälschter Identitätsdokumente spezialisiert haben, was es schwierig macht, die Echtheit der vorgelegten Dokumente sicherzustellen. Daher muss angenommen werden, dass auch Minderjährige auf der Plattform zu finden sein könnten.
Die NutzerInnen, die als “Fans” bezeichnet werden, zahlen in der Regel eine monatliche Gebühr, um auf die exklusiven Inhalte zuzugreifen. Die Creator haben die Möglichkeit, den Preis für ihren Inhalt festzulegen und auch spezielle Inhalte für Fans anzubieten, die gegen zusätzliche Gebühren freigeschaltet werden können.
Die Plattform wurde bereits im Jahr 2016 gegründet und hat sich seitdem zu einer beliebten Plattform für Personen entwickelt, die digitale Inhalte erstellen und teilen möchten. Obwohl OnlyFans ursprünglich für alle Arten von Content-ErstellerInnen gedacht war, hat die Plattform in erster Linie wegen der expliziten und pornographischen Inhalte, die dort geteilt werden, Bekanntheit erlangt. Es gibt jedoch auch CreatorInnen, die Inhalte zu anderen Themen anbieten, wie Fitness, Kochen, Musik und mehr – diese befinden sich jedoch deutlich in der Minderheit.
OnlyFans & Die Loverboy-Masche
Vor einiger Zeit wurde das Recherche-Team von STRG_F und dem Y-Kollektiv durch verschiedenste E-Mails auf das exklusive Netzwerk “ChampLife” aufmerksam gemacht: Die Brüder Nino und Elias Haralambidis, die Gründer von “ChampLife”, generieren unter anderem Einnahmen durch den Verkauf von Videokursen in denen sie detaillierte Anweisungen an ihre Mitglieder geben, um im Business und bei den Frauen erfolgreich zu werden. Auf den sozialen Medien zeigen sie stolz ihren Erfolg und nennen den umstrittenen Influencer Andrew Tate als Inspirationsquelle, obwohl dieser wegen Anklagen im Zusammenhang mit Menschenhandel und Vergewaltigung kontrovers diskutiert wird.
In den schockierenden Reportagen “Emotionale Manipulation: Werden Frauen auf OnlyFans ausgebeutet?“ in der ARD-Mediathek sowie “Inside ‚ChampLife‘: So drängen sie Frauen auf OnlyFans“ und “Inside Champ-Life: Werden Frauen auf Only-Fans ausgebeutet?” auf YouTube beschreiben mehrere Frauen, wie sie von “ChampLife”-Mitgliedern systematisch ausgebeutet und durch emotionale Manipulation dazu gedrängt worden sein sollen, OnlyFans-Accounts zu erstellen und explizite Inhalte zu produzieren. Der Hauptanteil der Einnahmen soll anschließend in die Taschen der Männer geflossen sein. Die Frauen selbst werden bestenfalls mit einem kleinen Prozentsatz am Gewinn beteiligt.
Wenn aus Liebe Zwang wird…
Hierbei handelt es sich um eine neuere Form der sogenannten “Loverboy-Methode”. Normalerweise spielen die “Loverboys” den – teilweise minderjährigen – Mädchen und Frauen eine Liebesbeziehung vor, und treiben sie nach und nach in eine emotionale Abhängigkeit, um sie anschließend in die Prostitution zu zwingen. In letzter Zeit werden aber auch immer mehr Opfer zur Produktion pornografischer Inhalte auf OnlyFans und vergleichbaren Plattformen gezwungen.
Hier ist, wie die “Loverboy”-Masche in der Regel abläuft:
- Annäherung: Der Täter, oft ein junger Mann, nähert sich seinem potenziellen Opfer auf eine freundliche und charmante Weise. Er kann sich als Liebhaber ausgeben und versucht, eine romantische Beziehung aufzubauen. Dies geschieht häufig über soziale Medien, in Clubs, Schulen oder anderen Orten, an denen junge Menschen sich aufhalten.
- Gewinnung des Vertrauens: Der Täter investiert zu Beginn viel Zeit und Aufmerksamkeit, um das Vertrauen des Opfers zu gewinnen. Er hört zu, ist einfühlsam und bietet emotionalen Rückhalt.
- Manipulation: Sobald der Täter das Vertrauen des Opfers gewonnen hat, beginnt er mit der Manipulation. Er überredet das Opfer, sexuelle Handlungen für Geld durchzuführen, um angebliche finanzielle Probleme zu lösen. Oftmals verspricht er, das Geld gemeinsam zu nutzen oder Schulden abzuzahlen.
- Entfremdung von Familie und Freunden: Der Täter isoliert das Opfer von seiner Familie und seinen Freunden. Er überzeugt das Opfer, den Kontakt zu ihnen abzubrechen, um die Abhängigkeit zu erhöhen.
- Zwang und Kontrolle: Sobald das Opfer in der Prostitution tätig ist, nutzt der Täter physische und psychische Gewalt, Drohungen oder Drogen, um das Opfer weiter zu kontrollieren. Das Opfer wird in der Regel in die Prostitution gezwungen und muss das verdiente Geld an den Täter abgeben und bekommt – wenn überhaupt – nur einen kleinen Teil des Verdienten.
Checkliste: Betroffene erkennen
Um solche Situationen zu verhindern, ist es wichtig, auf die Zeichen von Manipulation und Ausbeutung zu achten und bei Verdacht rechtliche Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Organisationen und Einrichtungen, die sich mit Opferschutz und Menschenhandel befassen, können hierbei Hilfe und Beratung anbieten.
Um mögliche Opfer eines Lover-Boys zu erkennen, nennt die internationale Jugendorganisation “lightup” diverse Anzeichen die darauf hinweisen könnten, dass deine Freundin, Klassenkameradin oder jemand in deinem Umfeld möglicherweise von der Loverboy-Taktik betroffen ist:
- Sie lernt einen älteren Mann kennen, sei es im Internet, auf einer Party, in einem Club oder sogar in der Nähe der Schule.
- Sie verbringt weniger Zeit mit ihrer Familie und ihren Freunden und verbringt immer mehr Zeit mit ihrem neuen Bekannten.
- Anfangs schwärmt sie noch von ihm, doch diese Begeisterung lässt nach.
- Sie verändert ihr äußeres Erscheinungsbild, indem sie mehr Make-up trägt und sich anders kleidet als zuvor.
- Ihre schulischen Leistungen verschlechtern sich im Laufe der Zeit, und sie schwänzt häufig.
- Sie ist schwer zu erreichen und antwortet kaum auf Textnachrichten.
- Sie hat viele Verpflichtungen und Termine, doch niemand weiß genau, was sie in dieser Zeit macht.
- Sie besitzt mehrere Handys und ist ständig am Telefon.
- Sie weicht Fragen über sich selbst und ihren Freund aus und gibt keine Auskunft darüber, wie sie ihre Zeit verbringt.
- Sie wirkt abwesend, in sich gekehrt, müde, nervös und depressiv.
- Sie hat sichtbare Verletzungen oder blaue Flecken, die sie zu verbergen versucht.
- Sie duscht sehr oft und lange.
- Sie lehnt Hilfsangebote ab.
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