Kindermädchen oder Mädchen für alles? Au-Pairs in Österreich

Isabella hat große Träume im Gepäck, als sie ihre Reise nach Österreich antritt. Wie viele Au-Pairs, die hierher kommen, stammt sie aus Südamerika. Ihr Ziel ist es, während ihrer Anstellung Deutsch zu lernen, um anschließend in Österreich studieren zu können. Nach ein paar Wochen mit ihrer Gastfamilie folgt die Ernüchterung: Anstatt wie ein willkommener Gast, wird sie wie eine billige Arbeitskraft behandelt, und ihre Rechte werden völlig missachtet.

Als Au-Pair in einem fremden Land nimmt man viele Rollen an, man ist Kinderbetreuer(in), Lehrer(in), Angestellte(r) und Haushaltshilfe. Sich in die verschiedenen Rollen einzufinden und es allen Recht zu machen, ist oft schwierig. Für manche ist es die schönste Zeit ihres Lebens, in der sie wertvolle Freundschaften und eine zweite Familie gewinnen – für andere ist es die reinste Hölle.

Oft ist es für die jungen Frauen und Männer der erste Aufenthalt im Ausland, weit weg von ihren eigenen Familien. Viele beherrschen die Sprache kaum oder gar nicht – das macht sie verletzlich. Als Au-Pair ist man abhängig davon, wie die Gastfamilie einen behandelt. Auch wenn die Familie bei einem Kennenlernen über Videotelefonie sympathisch wirkte, kann der erste Eindruck natürlich täuschen.

Isabella musste einiges ertragen. Sie war Mitte zwanzig, als sie in Wien ankam und sie musste für ihre Gastfamilie doppelt so viele Stunden arbeiten wie gesetzlich erlaubt. Zudem wurde sie beschimpft, nichts konnte sie ihren Gasteltern Recht machen. Schon nach kurzer Zeit litt die Kolumbianerin unter Schlafstörungen und Angstzuständen.

Als sie den Vertrag mit ihrer Gastfamilie schließlich auflösen wollte, drohten sie ihr mit allerhand Konsequenzen und Isabella blieb doch – aus Angst, ihr Visum zu verlieren.

Österreich bietet vergleichsweise gute rechtliche Rahmenbedingungen für Au-Pairs, dennoch gibt es Gesetzeslücken, die zu Ausbeutung führen können. Laut Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz dürfen Au-Pairs nicht mehr als 18 Stunden pro Woche arbeiten. Dafür verdienen sie mindestens 500 Euro brutto im Monat und haben bei einem einjährigen Aufenthalt sogar Anspruch auf drei weitere Monatsgehälter. Bei einem kürzeren Aufenthalt müssen diese aliquot ausgezahlt werden. Außerdem haben sie ein Recht auf kostenfreie Unterkunft und Verpflegung. Au-Pairs sind für die Betreuung der Kinder zuständig und dürfen lediglich für „leichte Mithilfe“ im Haushalt herangezogen werden. Die Interpretation von “leichter Mithilfe” im Haushalt kann sehr unterschiedlich ausfallen, ebenso die Frage, was eine ordentliche Verpflegung ist.

In Österreich leben viele Au-Pairs mit ihren Gastfamilien in ländlichen Gebieten und haben keine Möglichkeit, ein Auto zu benutzen. Das bedeutet, sie sind sehr abgeschieden, können kaum etwas unternehmen und Kontakte zu Gleichaltrigen knüpfen. Wenn einen die Gasteltern nicht aktiv ins Familiengeschehen einbinden, kann das schnell zur Vereinsamung, und in weiterer Folge zu Heimweh führen.

Ein weiteres Problem ist, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit in der Tätigkeit als Au-Pair schnell verschwimmen. Zum Beispiel ist es zwar etwas Schönes, bei Familienfesten dabei zu sein, aber dann wird möglicherweise erwartet, dass das Au-Pair ein Auge auf die Kinder hat, damit die Eltern ausgelassen feiern können. Ein anderes Szenario: Das Au-Pair möchte seinen freien Tag genießen, die Kinder aber möchten spielen und hören nicht auf, an die Zimmertür zu klopfen.

Die Au-Pairs kennen ihre Rechten und Pflichten oft nicht ausreichend, was zu Unsicherheit führt. Durch mangelnde Sprachkenntnisse ist es ihnen nicht möglich, sich darüber zu informieren, oder sie wissen nicht, wohin sie sich mit ihren Fragen und Problemen wenden können.

Als Au-Pair in einer Gastfamilie zu leben und gleichzeitig für sie zu arbeiten, ist mit keinem anderen Job vergleichbar. Zudem sind bei den meisten Menschen, wenn es um ihre Kinder geht, starke Emotionen im Spiel. Das führt schnell zu Konflikten.

Es ist entscheidend, dass sowohl Au-pairs als auch Gastfamilien über ihre Rechte und Pflichten informiert sind. Klare Vereinbarungen und Kommunikation sind der Schlüssel für eine gelingende Zusammenarbeit. Es muss ein Bewusstsein geschaffen werden, dass Au-pairs Arbeitskräfte sind und entsprechend behandelt werden müssen. Nur durch Aufklärung und Sensibilisierung kann die Situation langfristig verbessert werden.

Grundsätzlich sollten die Aufgaben des Au-Pairs so klar wie möglich definiert werden. Ein Au-Pair darf im Haushalt mithelfen, ist aber keine Reinigungskraft. Außerdem empfiehlt es sich für die Au-Pairs, ihre Arbeitszeit selber aufzuzeichnen, auch wenn das eigentlich Aufgabe der Familie ist.

Elizabeth und Paulina, zwei ehemalige Au-Pairs haben eine Initiative namens “Au-Pair Repair” ins Leben gerufen. Es ist eine Plattform für Betroffene, um sich zu vernetzen und rechtliche Unterstützung zu erhalten. Durch Workshops, Beratung und Dokumentationen werden Missstände aufgezeigt und Lösungen erarbeitet. Solche Projekte sind wichtig, um die Situation der Au-Pairs in Österreich zu verbessern und Bewusstsein für ihre Rechte zu schaffen.

Arbeiterkammer Wien: arbeitsrecht@akwien.at

Au-Pair-Austria: office@aupairaustria.at

Au-Pair-Repair: aupairrepair@gmail.com

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