Geflüchtete Ukrainerinnen sind von Menschenhandel bedroht

Eine Frau von hinten,  alleine auf einer Straße.

Der Krieg in der Ukraine wurde mit großer Empathie, Hilfsbereitschaft und Solidarität von den Menschen in anderen europäischen Ländern beantwortet. Neben Demonstrationen für den Frieden, Sach- und Geldspenden helfen private Personen auch, indem sie geflüchtete Personen bei sich aufnehmen. Diese Hilfsbereitschaft eröffnet allerdings ungewollt Menschenhändlern Möglichkeiten, die vulnerable Situation vieler Frauen und auch Kindern auszunutzen.

FRAUEN AUF DER FLUCHT

Die grausamen Szenen, die sich derzeit im einem fast-Nachbarland abspielen, sind mit dem Gedanken eines geeinten Europas im 21. Jahrhundert nicht zu vereinen. Berichte und Bilder, die uns momentan aus der Ukraine erreichen, sind erschütternd. Viele Menschen sind auf der Flucht, insbesondere in die angrenzenden Länder Polen, Moldawien, Ungarn, Slowakei und sogar Russland. Einige kommen auch nach Deutschland und Österreich. Doch viele bleiben auch, manche freiwillig, manche unfreiwillig. Das ukrainische Gesetz sieht vor, dass Männer zwischen 18 und 60 in ihrem Heimatland bleiben, um es zu verteidigen. Viele Frauen kämpfen an ihrer Seite. Freiwillig. Wieder andere Frauen sind auf der Flucht, viele von ihnen mit Kindern. 

MENSCHENHÄNDLER NUTZEN DIE KRISE

ein Mann hält ein Schild auf dem steht „human trafficking happens here“.

An Bahnhöfen und anderen zentralen Ankunftsorten warten hilfsbereite Menschen auf geflüchtete Personen, um ihnen in den eigenen vier Wänden Unterkunft zu bieten. Menschen rücken zusammen, um völlig Fremden ihr Sofa, ein Gäste- oder Kinderzimmer anbieten zu können. Beispiellose Bilder von Menschlichkeit. Die Kehrseite davon ist jedoch, dass sich skrupellose Menschen unter die Privatpersonen mit guter Absicht mischen. Sie sprechen Frauen, allein oder mit Kindern, an. Sie bieten – vermeintlich – Unterkunft Geld, oder andere Hilfsmittel an. Oftmals sprechen Sie Ukrainisch oder Russisch. Die gemeinsame Sprache inmitten des Chaos und der Ungewissheit schafft eine Verbindung, eine kleine Insel des Bekannten. Während geflüchtete Frauen auf die Hilfe fremder Menschen vertrauen, geraten sie mitunter an Menschenhändler. Anstelle, dass ihnen ein Schlafplatz nach allen Strapazen geboten wird, wird ihnen ihr Pass genommen. Auch im Internet sind insbesondere geflüchtete Frauen vulnerabel. Dubiose Hilfsangebote werden in sozialen Medien verbreitet und es gibt Berichte von sexueller Gewalt.

MIT SICHERHEIT HELFEN

Zwei Hände, die sich berühren.

So schön die Geste aller hilfsbereiten privaten Personen ist, so unsicher gestaltet sich dadurch die Lage für ankommende Personen. Um dem entgegenzuwirken, sind staatliche Unterstützung und stärkere Kontrollen notwendig. Jede einzelne Privatperson zu registrieren und zu kontrollieren, stellt einen immensen logistischen Aufwand dar. In Zeiten von Krisen und Krieg ist schnelles Handeln und Soforthilfe gefragt. Da bleibt keine Zeit für Bürokratie. Deswegen ist es oftmals der sinnvollere Weg, an Organisationen zu spenden bzw. deren koordinierende Eigenschaft zu nutzen. Etablierte Organisationen sind meist krisenerprobt, gut organisiert und können gezielt helfen. Amnesty international fordert mehr staatliche Kontrolle, aber auch mehr staatliche Unterstützung, damit geflüchtete Personen nicht auf private Hilfen angewiesen sind.

AUFKLÄRUNG SCHÜTZT

Eine Betonwand auf der steht: „Everyone is welcome“

In Deutschland warnt die Polizei geflüchtete Menschen vor Schleppern, sowohl vor Ort an Bahnhöfen, als auch im Internet. Zudem soll eine hohe Polizeipräsenz für mehr Sicherheit sorgen. Karitative Organisationen und Vereine versuchen Frauen und ihre Kinder auch durch Information und Aufklärung zu schützen. Sie verteilen Broschüren in Unterkünften und an Ankunftsorten, in denen Sie Frauen über potenzielle Gefahren aufklären und Verhalten empfehlen, dass sie zusätzlich schützen soll. Frauen wird nahegelegt, das Kennzeichen zu fotografieren und an eine Vertrauensperson zu schicken, bevor sie in ein Auto steigen. Wenn sie Unterkunftsangebote von Fremden annehmen, sollen sie sich den Ausweis der jeweiligen Person zeigen lassen und die Adresse notieren. Ihr Handy und ihren Pass sollen sie am Körper tragen und nicht aus den Händen geben. Wo geflüchtete Menschen aufgenommen werden, sollen separate Räume für Frauen und Kinder angeboten werden. Bei Verdachtsfällen sollten seitens der Behörden Ermittlungen aufgenommen werden. Psychologische Hilfsangebote sollten möglichst niedrigschwellig sein. Auch präventive Arbeit seitens der Behörden ist von enormer Bedeutung. Geschlossen gegen Menschenhandel vorzugehen ist für die EU-Länder wichtiger denn je.

SEXUALISIERTE GEWALT DROHT ÜBERALL

Die ukrainische NGO La Strada, die sich gegen Menschenhandel und Gewalt gegen Frauen und Kinder einsetzt, berichtet von sexualisierter Gewalt in der Ukraine. Es soll Vergewaltigungen durch russische Soldaten gegeben haben, sowie sexualisierte Gewalt in den Notunterkünften und Bunkern, in die sich Menschen geflüchtet haben, um sich vor den Bombenangriffen zu schützen. Die Mitarbeiter:innen von NGOs in der Ukraine sind selbst in dem Krieg und allen grausamen Auswirkungen gefangen. Dennoch erhalten sie ihre Beratung, wenn auch derzeit nur online. Wieder ein Beispiel für derzeitige bedingungslose Unterstützung und Hilfe, innerhalb oder außerhalb des Kriegsgebiets. Die Welle von Empathie und Unterstützung, die wir in Europa in dem letzten Monat erlebt haben, soll weiter andauern. Damit Hilfe effizient und gezielt ankommt, ist es aber auch wichtig, für sich selbst zu überprüfen, wie und wo am besten geholfen werden kann.