Die Gefangenen von Daulatdia: Prostitution und Menschenhandel in Bangladesch

Gelegen in Bangladesch, ist Daulatdia eins der größten Bordelle weltweit. Es existiert seit der britischen Kolonialzeit und verkörpert eine andere Welt jenseits der kulturell-konservativen Gesellschaft Bangladeschs. 

Aufgrund Daulatdias außergewöhnlichen Lage zwischen Fährenhafen und Transitstraße, frequentieren täglich zwischen 3,000 (CNN) und 3,500 (ARTE) Freier, die meisten LKW-Fahrer, das Bordell. Im Bordell arbeiten zwischen 1,500 (ARTE) und 2,000 (Vice News) Prostituierte; circa die Hälfte von ihnen sind minderjährig und die überwiegende Mehrheit Opfer von Menschenhandel und Sklaverei. 

WIESO STELLT DAULATDIA EIN AUSSERGEWÖHNLICHES BEISPIEL DAR?

Obwohl Bangladesch eins der wenigen muslimischen Länder in denen Prostitution legalisiert wurde, ist die Ausübung äußert unreguliert. Die Betroffenen erhalten wenig Schutz und Menschenhandel, sowie Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen, werden kaum strafrechtlich verfolgt. Des Weiteren ist der Konsum von Alkohol und Drogen in Bangladesch illegal und da Sex, Drogen und Alkohol in Daulatdia leicht zugänglich sind, wird das Bordell als sündhafte, unmoralische Unterwelt verurteilt. Demzufolge, werden die Prostituierten Daulatdia’s, sowie ihre Kinder, marginalisiert, stigmatisiert und aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Oft von ihren Familien verstoßen, ist der Ausstieg schwer. Wer einmal nach Daulatdia kommt, bleibt ein Leben lang eine Gefangene.

WIE GERATEN JUNGE MÄDCHEN NACH DAULATDIA? WIESO BLEIBEN SIE?

Freiwillig kommen wenige nach Daulatdia. Laut einer Studie der „Society for Environment and Human Development“ aus dem Jahre 2018, wurden 80% der 135 interviewten Sex Arbeiterinnen verschleppt oder unter falschen Vorwänden ins Bordell gelockt (CNN). Oftmals lauern ihnen Menschenhändler vor Nähfabriken auf, versprechen ihnen eine bessere Arbeit mit höherer Bezahlung und bauen unter falschen Vorwänden Vertrauen auf. In vielen Fällen werden die jungen Frauen von Bekannten, wie Nachbarn oder sogar Familienmitgliedern, verkauft. Die meisten Opfer kommen aus gewaltgeprägten Familien und armen Verhältnissen. Außerdem sind eine große Anzahl der Mädchen Analphabeten mit sehr niedrigem Bildungsniveau, was den Ausstieg aus der Prostitution erheblich erschwert. 

Einmal verschleppt, werden die Mädchen für 200 (CNN) bis 385 (Vice News) Euro, je nach Alter und Attraktivität, an sogenannte „Madams“ verkauft. An diese „Madams“, ältere Frauen, die die Bordelle betreiben, müssen die verschleppten Mädchen Miete zahlen und ihre Schulden, ihren Kaufpreis, abbezahlen. Das führt zu verzwickten, düsteren Abhängigkeitsspiralen, die den Ausstieg nahezu unmöglich machen. So kämpfen die Mädchen und Frauen täglich aus wirtschaftlicher Not ums Überleben. Sie sind Opfer sexueller Sklaverei und leiden täglich unter den psychischen und körperlichen Folgen ihrer Arbeit. 

GRAVIERENDE GESUNDHEITLICHE FOLGEN

Die Prostituierten Daulatdia‘s berichten von gewalttätigen Freiern, die sie beißen, verprügeln und schlagen. Außerdem stehen viele Freier unter Alkohol oder Drogeneinfluss, was die Gewaltbereitschaft erhöht, und oftmals dazu führt, dass sie gemeinsam mit den Prostituierten konsumieren, vor allem bei so genannten „Kitty Parties.“ Außerdem, verzichten viele Prostituierte, aus wirtschaftlicher Not, auf Verhütung, wodurch Geschlechtskrankheiten leichter verbreitet werden und viele schwanger werden. Während der COVID-19 Pandemie fiel es den meisten Müttern jedoch erheblich schwer ihre Kinder zu ernähren.  

Ein weiteres Problem ist der, oft gezwungenem, Konsum von Steroiden wie Oradexon und Ventolin. Vor allem jungen Mädchen werden von ihren Madams Steroide, die eigentlich zum Aufbau von Muskelmasse bei Vieh dienen, verabreicht damit sie älter wirken und dem kurvigen Schönheitsideal Bangladeschs entsprechen. Die Steroide, die überall in Daulatdia, für sehr wenig Geld und ohne Rezept gekauft werden können, machen schnell abhängig und führen zu Diabetes, epileptischen Anfällen, Leberschäden, Nierenversagen und im schlimmsten Fall sogar zum Tod. Die Lebenserwartung der Frauen ist niedrig. 

PSYCHISCHE SCHÄDEN

Besonders junge Mädchen erleiden schwere psychische Folgen da viele ihre Jungfräulichkeit auf schmerzhafte, belastende Art und Weisen verlieren und täglich zwischen 10 und 12 Freier empfangen. Hochrechnungen zufolge, sind etwa die Hälfte aller Prostituierten minderjährig. Das liegt daran, dass Mädchen im Alter von 12-14 Jahren am begehrtesten sind (Vice News) und für Sex mit Jungfrauen 20-mal mehr gezahlt wird (ARTE). 

Doch nicht nur junge Mädchen leiden. Viele Frauen berichten von Depressionen und Suizidgedanken. Von der Gesellschaft und ihren Familien verstoßen fühlen sie sich einsam und ungeliebt. Viele sehnen sich nach einem normalen Leben, einem liebevollen Ehemann und einer Familie. Viele haben die gesellschaftliche Stigmatisierung internalisiert und projektieren die Verurteilung anderer auf sich selbst. Sie schämen sich für ihren Beruf und ihr Leben und wünschen sich, „dass ihre Kinder weit weg von Ihnen aufwachsen können, damit sie gute Menschen werden“ (CNN). 

EINE AUSWEGLOSE SITUATION?

Die Prostituierten Daulatdias haben keine offiziellen Rechte und keinen gesetzlichen Schutz. Von der Gesellschaft ausgeschlossen, von den Madams ausgebeutet und gefangen und von den körperlichen und physischen Risiken ihres Berufs gefährdet, sind sie schutzlos und vulnerabel. 

Umso wichtiger ist daher die Arbeit zahlreicher lokalen NGOs, die während der Pandemie Lebensmittel und Ressourcen bereitgestellt haben und die Kinder von Prostituierten in Einrichtungen großziehen. Auch die Arbeit der „Bangladesh Legal Aid and Services Trust“ ist wichtig da sie den Mädchen und Frauen beim Ausstieg hilft, in dem sie Rechtsbeistand anbietet, Unterkünfte bereitstellt und sie bei der Wiedereingliederung in ihre Familien unterstützt (CNN). 

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