13 Mythen über Menschenhandel – Was ist Fakt, was ist Wahrheit?

Wenn das Wort Menschenhandel fällt, hat jeder von uns sofort bestimmte Bilder vor Augen. Meist denken wir zunächst an unbekannte männliche Täter, weibliche Opfer und illegale Aktionen im Untergrund. In Wirklichkeit ist Menschenhandel jedoch um einiges komplexer als das und unsere Vorstellungen verzerren die Wahrheit. Die wichtigsten Mythen und Fakten im Check. 

MYTHOS 1: MENSCHENHÄNDLER SIND MÄNNLICH

Die meisten von uns denken beim Thema Menschenhandel wohl an einen zwielichtigen Mann mit protziger Aufmachung und einer „Gang“ im Hintergrund. Fakt ist jedoch, dass rund 40% des weltweiten Menschenhandels von Frauen betrieben werden. Das ist fast die Hälfte! Ob Prostitution, Zwangsverkauf oder Arbeitslager, die Liste ist lang. Die Gräueltaten, die von Frauen vollzogen werden mindestens genauso unaussprechlich, wie die von Männern. Auch, wenn viele an das Gute in einer Frau denken, so gibt es doch auch einen weiteren Teil in der Welt, der sich nicht durch Barmherzigkeit, sondern vielmehr durch Geldgier auszeichnet. 

MYTHOS 2: MENSCHENHANDEL IST VOR ALLEM SEXUELLE AUSBEUTUNG

Das stimmt nicht ganz. Auf Platz eins im Bereich Menschenhandel steht die Arbeitsausbeutung. Illegale Minen, Abbau von Edelsteinen, Produktion von Billigkleidung oder sogar leibeigene Sklaven. Der Menschenhandel hat viele Facetten und die Nutzung der Arbeitskraft der Menschen ohne deren Zustimmung und gegen deren Willen steht noch vor der sexuellen Ausbeutung. Trotz der „Platzierung“ sollte man sich den Menschenhandel immer als das vor Augen führen, was er ist, nämlich Körperraub, Zwangsenteignung und die Übernahme des Rechtes von Menschen.

MYTHOS 3: NUR FRAUEN WERDEN SEXUELL AUSGEBEUTET

Frauen verrichten den größten Anteil an körperlicher und sexueller Arbeit. Doch auch viele Männer und sogar Kinder sind betroffen. Gerade in der „Gay-Szene“ hat sich der Trend, sich einen „Loverboy“ zu leisten, herumgesprochen und wird auch von vielen Männern genutzt. Kinder wiederum werden dazu genötigt, Videos von sich zu erstellen, fremde Geschlechtsteile zu berühren oder widerwärtige sexuelle, pädophile Fantasien zur Realität werden zu lassen. Es sind also nicht nur Frauen, die gegen Geld vergewaltigt werden, sondern sexuelle Ausbeutung betrifft jede Menschengruppe. 

MYTHOS 4: NUR MÄNNER SIND VON ARBEITSAUSBEUTUNG BETROFFEN

Nicht nur Männer sind von Ausbeutungen betroffen und müssen in Minen, Schächten oder Ähnlichem arbeiten. Auch Frauen werden zu harter Arbeit gezwungen. Das Tragische daran ist, dass viele Frauen während des Arbeitens sogar noch vergewaltigt werden, schwanger werden und Kinder wiederum in die Arbeits-Sklaverei oder Ausbeutung gelangen. Gerade in den Mica-Minen (siehe Artikel) arbeiten auch viele Kinder, welche die Eltern bei der Finanzierung von Essen unterstützen müssen, weil sonst faktisch kein Geld da ist. 

MYTHOS 5: WENN MINDERJÄHRIGE ZUR PROSTITUTION ZUSTIMMEN, IST ES KEIN MENSCHENHANDEL

Minderjährige sind unmündig! D.h. sie können und dürfen bis sie 18 Jahre sind (in Österreich) noch nicht selbst entscheiden und bestimmen. Sie fallen unter den Kinder- und Jugendschutz und dürfen daher auch nicht der Sexarbeit zustimmen. Denn das ist illegal. Auch wenn Ihnen oft das Gegenteil gesagt wird, Minderjährige haben in der Sexarbeit nichts zu suchen, auch, wenn Ihnen gesagt wird, dass es vermeintlich freiwillig ist. Man sollte immer bedenken, dass die wenigsten Prostituierten diese Arbeit freiwillig machen, schon gar nicht Kinder und Jugendliche.

MYTHOS 6: MENSCHENHANDEL FINDET NUR IN ILLEGALEN ODER UNTERIRDISCHEN INDUSTRIEN STATT

Menschenhandel und Ausbeutung passiert in allen Teilen der Welt. Ob in der Bauindustrie in den Arabischen Emiraten, in Restaurants in Mitteleuropa und Osteuropa, in Reinigungsdiensten oder Fabriken: Menschenhandel passiert genau hier, vor unseren Augen. Besonders in der Bauindustrie gibt es viele illegale Arbeiter. Sie kommen nach Europa, meistens in den Westen, weil sie denken, hier das große Geld machen zu können. Sie werden oft ausgebeutet, müssen hart schuften und „Drecksarbeit“ erledigen und bekommen weniger als den Mindestlohn.  

MYTHOS 7: SEXKÄUFER KÖNNEN FRAUEN RETTEN ODER OPFER VON MENSCHENHANDEL IDENTIFIZIEREN UND SOLLTEN DESHALB NICHT KRIMINALISIERT WERDEN

Verurteile nicht nur den Täter, sondern auch das System. Das gilt gerade im Menschenhandel und noch mehr in der Prostitution. So etwas wie einen „ethischen Freier“ gibt es nur in den seltensten Fällen. Ein „netter Sexkäufer“, der nicht mehr als 10 Euro pro Stunde für die Dienste einer Frau bezahlen will, unterstützt immer noch das System. Nur die wenigsten denken daran, was das mit der Frau macht, wie sie leidet. Sie wollen nur eines: Befriedigung und das schnell und günstig. Auch, wenn man hinsichtlich Prostitution oft ein romantisches Bild vor Augen hat (á la Richard Gere), Tatsache ist, dass es so etwas nicht gibt. In den allerseltensten Fällen setzen sich Männer für Frauen und Opfer von Sexarbeit ein. Doch ein Freier bleibt meist ein Freier. Gekommen, um sprichwörtlich zu kommen und keinen Cent zu viel oder fair dafür zu bezahlen. 

MYTHOS 8: MENSCHENHANDEL IST IMMER EIN GEWALTVERBRECHEN

Menschenhandel ist nicht immer offensichtlich. Menschenhandel ist nicht immer ein Gewaltverbrechen. In den meisten Fällen werden tatsächlich psychologische Mittel eingesetzt, mit denen die Opfer manipuliert werden, betrogen werden oder mit dem Leben bedroht werden. Oft werden junge Frauen, Männer und Kinder gelockt, ihnen wird im schönen Westen oder in Europa das schöne Leben versprochen und spätestens an der Grenze wird ihnen der Pass und somit Würde, Geld und das Recht, ein eigener Mensch zu sein, genommen. Sie werden bedroht, zu kommerziellem Sex und ausbeuterischer Arbeit gezwungen. Das ist das Leben, das ihnen bevorsteht. Die Menschen sind mit freiem Willen gekommen und werden meist unfreiwillig festgehalten. Menschenhandel hat viele Facetten. 

MYTHOS 9: WENN EIN OPFER AN EINEM ÖFFENTLICHEN ORT IST ODER DER MENSCHENHÄNDLER NICHT ANWESEND IST, WIRD DIE PERSON IMMER HILFE SUCHEN

Nicht immer, wenn die Opfer „frei“ sind bzw. unbeobachtet, melden sich diese bei der Polizei oder Hilfsorganisationen. Das liegt daran, dass sie teils gar keine Infos darüber haben, dass Ihnen geholfen wird. Oft sind die Opfer auch so dermaßen abgeschottet von der Welt, dass sie gar nicht daran denken, sich zu befreien. Hinzu kommt, dass die Betroffenen sehr häufig Angst vor den Tätern und den Konsequenzen haben. Funktioniert die Flucht oder der Schrei nach Hilfe nicht, befürchten sie im schlimmsten Fall den Tod. Und dieses Risiko wollen sie nicht eingehen. Ein weiterer Grund ist der Unterschied zwischen Herkunftsland und Österreich bzw. Europa. Zum einen gibt es häufig Sprachbarrieren, denn die Opfer sprechen schlecht oder nur gebrochen Deutsch oder Englisch. Zum anderen ist es in anderen Ländern Gang und Gebe, der Polizei erst einmal Schutzgeld zahlen zu müssen, bevor man Hilfe erwarten kann. Die Opfer wissen nicht, dass dies in Europa nicht der Fall ist. Damit entsteht ein Teufelskreis, aus dem die Opfer nur schwer wieder herauskommen. 

MYTHOS 10: PROSTITUTION DECKT DAS MENSCHLICHE GRUNDBEDÜRFNIS NACH SEXUALITÄT

Nein. Das stimmt so nicht. Sex ist kein Grundbedürfnis. Auch, wenn das viele Männer immer von sich behaupten. Grundbedürfnisse sind Luft zu Atmen, Nahrung, Wasser, Wärme, Schlaf und Sicherheit. Ein Recht auf Sexpartner ist keines davon. Sex sollte grundsätzlich immer freiwillig geschehen. Ist es das nicht, nennt man die Vergewaltigung. Ein Bedürfnis von einer Person darf nie über das Recht und den Willen einer anderen Person gestellt werden. Man macht sich strafbar, wenn das der Fall ist. 

MYTHOS 11: OHNE PROSTITUTION WÜRDE DIE ZAHL AN VERGEWALTIGUNGEN STEIGEN

Dieser Glaube basiert auf der problematischen Annahme, Männer könnten ihren Sexualtrieb nicht kontrollieren und hätten ein Recht, diesen auszuleben. Studien belegen jedoch, dass ein Großteil der Freier in festen Beziehungen ist und somit Zugang zu Sex hat. Vielmehr geht es Männern bei der Prostitution meist um das Machtverhältnis und die Unterordnung der Prostituierten. D.h. die Erklärung, Männer bräuchten Prostituierte „zum Leben“ ist schlichtweg falsch.

MYTHOS 12: MENSCHENHANDEL GIBT ES NUR IM AUSLAND

Falsch. Fast in jedem Land der Welt ist Menschenhandel ein Problem. In Europa, in Asien, in Afrika. Überall werden Menschen versklavt, gegen ihren Willen festgehalten, vereinnahmt. Auch in Österreich ist das der Fall.

MYTHOS 13: ALLE MENSCHENHÄNDLER NEHMEN FREIWILLIG AM SYSTEM TEIL

Nicht alle Menschenhändler wollen Menschenhändler sein oder freuen sich darüber, Menschen unmögliche Dinge anzutun. Viele davon werden ein Teil davon, um selbst geschützt zu bleiben und um der eigenen Viktimisierung zu entgehen. Frei nach dem Motto: Um dem System zu entgehen, musst du selbst zum System werden

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